Die in Bayern verhafteten Neonazis hatten neben dem Neubaugelände der Synagoge auch Moscheen und eine griechische Schule in München im Visier. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) bestätigte am Samstag der dpa, dass die Rechtsextremisten eine ganze Reihe von Anschlagszielen auf der Liste hatten. Nach sieben Haftbefehlen des Münchner Amtsgerichts erließ der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof drei weitere Haftbefehle.
Einem der Verhafteten werde die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die beiden anderen sollen die kriminellen Aktivitäten unterstützt haben. Gegen sie wurden die Haftbefehle außer Vollzug gesetzt. Die Bundesanwaltschaft spricht bei den Verhafteten von einer terroristischen Vereinigung.
Hauptfigur: Martin Wiese
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass eine Gruppe von Neonazis um die Hauptfigur Martin Wiese ein Attentat auf das Gelände der neuen Synagoge am Münchner Jakobsplatz plante. Aus abgehörten Telefonaten erfuhr die Polizei dem Magazin "Focus" zufolge, dass die Rechtsradikalen zeitweise überlegt hatten, ihren Sprengsatz während der Grundsteinlegung für das jüdische Gemeindezentrum zu zünden. An der Feier am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, will Bundespräsident Johannes Rau teilnehmen.
Neben jüdischen Einrichtungen standen auch Moscheen und eine griechische Schule in München sowie spanische und italienische Ziele auf einer Liste, wie Beckstein bestätigte. Bei Wiese wurden entsprechende Listen gefunden. Die Ziele hätten die Extremisten im Internet gesucht. Weiter schreiben die Magazine "Spiegel" und "Focus", am Arbeitsplatz des zweiten Hauptverdächtigen habe die Polizei eine Reisetasche mit 1,7 Kilo des hochexplosiven Sprengstoffs TNT, eine scharfe Handgranate und weitere 12,3 Kilo "sprengstoffverdächtiges Material" gefunden.
"Erhöhte Gefahrenlage für Deutschland"
Beckstein sieht nach dem Bekanntwerden der Terrorpläne eine erhöhte Gefahrenlage für Deutschland. Die Sicherheitsmaßnahmen seien deutlich verschärft worden, sagte der CSU-Politiker am Samstag in einem dpa-Gespräch. Rechtsextremisten könnten versucht sein, nach den Festnahmen erst recht Aktivität zu demonstrieren. Zudem bestehe die Gefahr von Nachahmungstaten. "Wir haben unsere Sicherheitsvorkehrungen auf allen Ebenen deutlich verschärft."
Das verhinderte Attentat von München hat nach den Worten von Beckstein eine neue Qualität des Rechtsextremismus gezeigt. "Bisher gab es immer wieder einzelne Gewalttaten aus der rechtsextremen Szene. Aber dass ein Anschlag über Monate hinweg so vorbereitet wird - mit der Einbindung einer ganzen Gruppe von Leuten und der Beschaffung von 14 Kilo Sprengstoff - das ist ein Alarmsignal". Beckstein hatte zuvor betont, er sehe Anzeichen für Strukturen einer "Braune-Armee-Fraktion".
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, appellierte an alle Deutschen, sich verstärkt für Demokratie einzusetzen. Der "B.Z. am Sonntag" sagte er: "Die Angriffe richten sich nicht nur gegen uns Juden, sondern gegen unsere gesamte freiheitliche Gesellschaft."
Experten sehen "neue Dimension"
Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sieht in dem geplanten Anschlag eine neue Dimension. Dem Sender NDR Info sagte Wiefelspütz, ein solches Potenzial an gefährlichen Waffen zusammenzutragen, verweise auf Querverbindungen. Es könne durchaus sein, dass sich das rechtsextreme Spektrum im Verborgenen verdichtet und zu einer Terror-Vereinigung verknüpft habe.
In Bayern wurde nach dem Schlag gegen die Neonazis vor allem der Schutz jüdischer Einrichtungen verschärft. Auch das in einer Woche beginnende Oktoberfest soll zusätzlich gesichert werden, unter anderem durch verstärkte Videoüberwachung.