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Rechte Terrorgruppe NSU Die Mörder aus dem Untergrund

Wer ist das Terrortrio, das die Republik erschüttert? Nach und nach kommen Details über die zwei Männer und ihre Komplizin heraus, die jahrelang mordend durch Deutschland zogen.
Von Katharina Miklis

Fast 14 Jahre lang gab es keine Spur. 14 Jahre lang waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe untergetaucht. Jahre, in denen vermutlich noch nicht einmal die engsten Verwandten wussten, was die drei im Hass Verbündeten trieben und den Ermittlern nach eigenen Angaben jede Spur zu dem Trio fehlte. Dem Trio, das für neun Morde an türkischen und griechischen Kleinunternehmern sowie für die Ermordung einer Polizistin in Heilbronn verantwortlich sein soll. Wenn nicht für noch mehr Taten.

Mitte der 90er Jahre waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe noch nicht so scheu. Das war bevor die Polizei 1998 in den Wohnräumen und der Garage der drei Rechtsextremen in Jena Rohrbomben, Sprengstoff und Propagandamaterial gefunden hatte und das Trio, das per Haftbefehl gesucht wurde, untertauchte. Die drei waren damals 20, 23 und 24 Jahre alt. Seitdem fehlte jede Spur.

Adolf Hitler als Akronym

In den Jahren zuvor waren die drei Freunde wöchentlich bei den Versammlungen des rechtsextremen "Thüringer Heimatschutzes" in Jena aufgetaucht, bei denen ihr Hass auf Ausländer und Linke geschürt wurde. Mit dem roten Ford Escort von Böhnhardt fuhren die sie stets zusammen bei der kleinsten rechtsextremen Gruppe in Ostthüringen vor. Ihr Auftritt ein klares Statement ihrer Gesinnung: Auf dem Nummerschild prangte das Kennzeichen "J - AH 41". Das stand für Jena, Adolf Hitler und den deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die drei Thüringer, die laut "Spiegel" im Ort als Blutsfreunde galten, machten keinen Hehl aus ihrer faschistischen Haltung. Die Jungs hatten kurz rasierte Schädel, trugen Bomberjacken und Springerstiefel. Nur die Frau hielt sich mit äußerlichen Extremen zurück.

Vor allem Zschäpe und Böhnhardt gehörten zu dem Typus ostdeutscher Jugendlicher, die ohne Perspektiven aufwuchsen und nach der Wende in die rechtsradikale Szene hineinschlitterten. Aufgewachsen in tristen Plattenbau-Siedlungen von Jena, sahen ihre beruflichen Zukunftsaussichten nicht besonders erfolgversprechend aus. Böhnhardt hatte keinen Abschluss, arbeitete lediglich hin und wieder als Helfer auf dem Bau. Die meiste Zeit war er arbeitslos. Zschäpe ist gelernte Gärtnerin, war jedoch ebenfalls ohne Job. Uwe Mundlos fiel da bei dem Trio zunächst eher aus der Reihe. Der 1973 geborene Professorensohn plante sein Abitur zu machen. In der Schule war er sehr strebsam. Manch Mitschüler soll sich lediglich über das selbstgemalte Bild von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß gewundert haben, das im christlichen Wohnheim auf seinem Schreibtisch stand.

1998 gründete das Trio die rechtsextreme Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)". Wie die Bundesanwaltschaft sagt, mit dem Zweck "vor allem Mitbürger ausländischer Herkunft zu töten". Im selben Jahr wurde das Neonazi-Trio im Thüringer Verfassungsschutzbericht erwähnt.

Techtelmechtel im Trio infernale

Innerhalb ihrer kleinen Nazi-Gemeinschaft fiel jedem sein Part zu: Böhnhardt war vernarrt in Waffen, eher der Mann der Taten; Mundlos galt als der Intellektuelle, der Redner; Zschäpe als naive Mitläuferin, die sich politisch kaum engagierte. Auch soll die Frau mit den beiden Männern abwechselnd eine intime Beziehung geführt haben. Eifersucht hat es nie gegeben, heißt es aus Mundlos' Familie. Die Männer haben sich gegenseitig geduldet und die Beziehung des anderen zu Zschäpe akzeptiert.

Seit 2008 haben die drei Rechtsextremen bereits in der Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau gewohnt, die Zschäpe kurz nach dem Tod der beiden Männer in die Luft sprängte. Eine Obergeschosswohnung im Viertel Weißenborn, geflegte Vorgärten, hübsche Villen. Von Zschäpe, die sich in den Jahren auch als Susann Dienelt oder Mandy Struck ausgab, vermutet man, dass sie mit ihren Katzen sogar schon seit 2001 in Zwickau gelebt hat. Das Ende dieses unentdeckten Zusammenlebens besiegelte der Eisenacher Banküberfall, den Mundlos und Bönhardt, inzwischen 38 und 34 Jahre alt, Anfang November verübten. Die Polizei, die die zwei Männer in einem Wohnwagen stellen wollte, fand sie erschossen auf. Vermutlich haben sie sich das Leben genommen. Wenig später stand die Zwickauer Wohnung des Trios in Flammen. Die 36-jährige Zschäpe stellte sich Stunden später bei den Behörden mit den Worten: "Ich bin die, die sie suchen". Seitdem schweigt sie. Auspacken will sie nur, wenn ihr Strafmilderung zugesagt wird.

Das 15-minütige Bekennervideo, das im Schutt des zerstörten Hauses in Zwickau gefunden wurde, zeugt von der Brutalität und Skrupellosigkeit der Täter, die in dem am Sonntag verhafteten Holger G. einen weiteren Komplizen gehabt haben sollen. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos schienen mit dem Video ihrem blutigen Feldzug ein Denkmal setzen zu wollen. Einige der Opfer der so genannten Döner-Morde hatten sie fotografiert, die rosarote Zeichentrickfigur Paulchen Panther verhöhnt darin die Verstorbenen. "Heute Aktion Dönerspieß" heißt es in einer Sequenz mit dem Absender NSU. Der "Nationalsozialistische Untergrund" sei "ein Netzwerk von Kameraden mit dem Grundsatz 'Taten statt Worte'". Zumindest die Taten von zwei Nazis haben ein Ende.

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