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Gegen rechtsextremen Terrorismus Politiker fordern eine neue Struktur

Zehn Jahre Neonazi-Morde und keiner hat etwas gemerkt? Nun häuft sich der Ruf nach Strukturveränderungen bei den Sicherheitsbehörden. Und die Debatte um ein NPD-Verbot bleibt umstritten.

Angesichts der Mordserie einer Neonazi-Terrorgruppe wird eine stärkere Koordinierung der Sicherheitsbehörden auf Bundesebene gefordert.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sprach sich für ein bundesweites Terrorabwehrzentrum gegen Rechtsextremismus aus. Wie beim Kampf gegen islamischen Terrorismus müssten die Informationen aller Ermittlungsbehörden besser verknüpft werden. "Alle Sicherheitsbehörden müssen alle Fakten auf den Tisch legen", sagte Schünemann am späten Montagnachmittag in Hannover.

Der thüringische CDU-Fraktionschef Mike Mohring schlug eine stärkere Koordinierung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vor. "Wir brauchen ganz offensichtlich auch bei den Verfassungsschutzbehörden eine länderübergreifende Zuständigkeit, so wie dies vergleichbar bereits für den Generalbundesanwalt gilt", sagte Mohring der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag).

NPD - Verbotschancen werden neu bewertet

Der Vizevorsitzende des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, Hartfrid Wolff (FDP), warf in der Ulmer "Südwest Presse" (Dienstag) die Frage auf, "ob jedes Landesamt für Verfassungsschutz alle Bereiche abdecken muss oder ob man durch mehr Kooperation und Spezialisierung besser voran kommt". Auch über die Zahl der 16 Landesämter sei nachzudenken.

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) machte sich für ein Verbot der NPD stark. Bei dem mutmaßlichen Komplizen, gegen den am Montagabend Haftbefehl erging, seien Verbindungen zu der rechtsextremistischen Partei festgestellt worden. "Das zeigt, dass solch übles Gedankengut in der NPD oder DVU erworben wird", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Zugleich jedoch hält er V-Leute des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Rechtsextremismus für unverzichtbar. "Es gibt nichts Besseres als jemanden ganz nah an der Quelle zu haben."

Ein Verzicht wäre aber wohl Voraussetzung für einen erfolgreichen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht. Ein erster Anlauf war 2003 gescheitert, weil nicht klar war, welche Rolle V-Leute bei den Aktivitäten der NPD gespielt hatten. Inzwischen sammeln mehrere Bundesländer Material über die NPD, um die Verbotschancen neu zu bewerten.

Das Problem mit dem Untergrund

Anders als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich der hessische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Volker Bouffier skeptisch. "Die rechtsextremistischen Kameradschaften und unterschiedlichen Gruppierungen werden dadurch nicht getroffen", warnte Bouffier im "Wiesbadener Kurier" (Online). Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) blieb ebenfalls zurückhaltend: "Bevor wir über ein neues NPD-Verbotsverfahren nachdenken, muss klar sein, dass es nicht scheitert", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).

Auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele teilte die Bedenken. "Ich fürchte, wenn die NPD verboten wird, werden noch mehr Leute in den Untergrund gedrückt und es ist nicht auszuschließen, dass es dann zu noch mehr Gewalttaten kommt", sagte das Mitglied des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums dem Radiosender HR-Info.

AFP AFP

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