Paragraf 219a Verurteilung von Ärztin wegen Werbung für Abtreibung aufgehoben

Die Ärztin Kristina Hänel
Die Ärztin Kristina Hänel
© Boris Roessler / DPA
Der Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die auf ihrer Homepage unerlaubt für Schwangerschaftsabbrüche geworben haben soll, ist erneut vor Gericht gelandet. Ihre Verurteilung wurde aufgehoben. Die Medizinerin will trotzdem weiterkämpfen.

Die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche ist aufgehoben. Grund sei die Ende März geänderte Rechtslage, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt mit. Das Landgericht Gießen müsse sich nun erneut mit dem Fall befassen, so das Gericht. Der Fall hatte in Deutschland eine breite Debatte ausgelöst. Die Allgemeinmedizinerin Hänel sieht in der Entscheidung allerdings keinen juristischen Erfolg.

Es handele sich um eine Zeitverzögerung und "Ehrenrunde auf dem Weg zum Bundesverfassungsgericht", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Das OLG habe keine klare Entscheidung getroffen, sondern lasse das Landgericht Gießen arbeiten, sagte Hänel. Sie wolle weiterhin dafür kämpfen, dass der umstrittene Straf-Paragraf 219a auf Verfassungsmäßigkeit geprüft werde. "Wir werden nicht aufgeben, ehe die Informationsfreiheit für Frauen nicht erreicht ist."

Hänel zuvor zu Geldstrafe verurteilt

Hänel war im November 2017 vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden, weil sie auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbrüche als Leistung angeboten und damit gegen den Paragrafen 219a verstoßen haben soll, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Hänel legte Berufung gegen das Urteil ein. Das Landgericht Gießen wies diese im Oktober 2018 ab. Ihr Anwalt hatte damals in seinem Plädoyer den Paragrafen 219a in seiner damaligen Form als verfassungswidrig bezeichnet, da er die Berufsfreiheit von Ärzten und das Informationsrecht der schwangeren Frauen verletze.

Nach einer monatelangen Debatte, welche Informationen Ärzte zu Schwangerschaftsabbrüchen straflos geben dürfen, wurde Ende März dieses Jahres der umstrittene Paragraf um einen Absatz ergänzt. Ärzte und Kliniken können demnach öffentlich - zum Beispiel auf der eigenen Internetseite - darüber informieren, dass sie Abtreibungen vornehmen. Für weitere Informationen, zum Beispiel zu verschiedenen Methoden der Abtreibung, müssen sie auf offizielle Stellen verweisen.

Hänel kritisiert Kompromiss zu Paragraf 219a

Hänel hatte den auf Bundesebene ausgehandelten Kompromiss bereits damals als nicht ausreichend kritisiert. Frauen wollten sich dort informieren, wo sie sich behandeln ließen. Das sei auch allgemein üblich. Das hinter Paragraf 219a stehende Frauenbild sei entwürdigend und entmündigend, denn es besage, Frauen könnten durch Informationen für einen Schwangerschaftsabbruch geworben werden. Er greife zudem in ihre Meinungs- und Berufsfreiheit, zudem sei es eine "infame Unterstellung", Ärzte würden für Abtreibung werben und damit ein Vermögen machen. Die Informationen, die sie auf ihrer Homepage bereitgestellt habe, seien weiterhin strafbar, hatte Hänel erklärt.

Das Oberlandesgericht in Frankfurt wies nun darauf hin, dass die neue Rechtslage zu einer günstigeren Bewertung für die Angeklagte führen könne. Auch gegen zwei Kasseler Frauenärztinnen laufen Verfahren.

Eine Frau in pinker Klinik-Kleidung hält einen Draht-Kleiderbügel als Werkzeug für eine "Heim-Abtreibung" in der rechten Hand
© Mickey Welsh/The Montgomery Advertiser/AP / DPA
"Vergewaltiger haben weniger zu befürchten als ein Arzt, der eine Abtreibung vornimmt"
DPA
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