Der braune Schlamm ist überall, Autos stecken eingekeilt zwischen halb eingerissenen Mauern fest, Häuser sind ganz oder teilweise eingestürzt. Nach den heftigen Unwettern und Überschwemmungen in Teilen von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Belgien haben in den betroffenen Orten die kolossalen Aufräumarbeiten begonnen. Am Wochenende waren tausende Feuerwehrmänner, Soldaten und andere Helfer im Einsatz, ob mit Besen und Schaufel oder schwerem Gerät.
Der Kreis Ahrweiler in der Vulkaneifel im Norden von Rheinland-Pfalz ist eines der am schlimmsten betroffenen Gebiete, 117 Tote wurden dort bislang geborgen. Es wird noch weiter nach vermissten Angehörigen und möglichen Todesopfern gesucht. Strom- und Telefonnetze sind unterbrochen, viele Menschen unerreichbar. Die Bürgersteige sind voller kaputten Möbel, Anwohner stapfen in Gummistiefeln durch die Straßen, entschlossen, mit den enormen Aufräumarbeiten zu beginnen.
"Viele haben alles verloren, was sie sich ihr Leben lang aufgebaut haben"
In Nordrhein-Westfalen wurde die Zahl der geborgenen Todesopfer am Montag mit mindestens 46 beziffert. Auch dort hielten sich die Behörden mit Angaben zu vermissten Menschen weiterhin zurück. Zu unübersichtlich blieb die Lage. Besonders schlimm traf es Erftstadt, südlich von Köln. Die Erft war über die Ufer getreten, unterspülte Häuser, verursachte Erdrutsche. Teile einer historischen Burg stürzten ein. Die Bundeswehr rückte am Samstag mit Panzern an, um Straßen freizuräumen.
"Viele haben alles verloren, was sie sich ihr Leben lang aufgebaut haben", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch vor Ort. "Wir trauern mit denen, die Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder verloren haben. Ihr Schicksal zerreißt uns das Herz." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte am Sonntag zusammen mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) das besonders betroffene Eifel-Dorf Schuld. Dort ist fast alles zerstört worden.
Und auch wenn die Aufräumarbeiten überall voranschreiten, geben die Behörden gerade in Städten wie Passau noch nicht völlige Entwarnung. In Erftstadt-Blessem besteht nach Einschätzung von Experten in der Nähe einer Abbruchkante weiterhin akute Lebensgefahr, wie Landrat Frank Rock nach einem Gespräch mit den Fachleuten vor Ort am Sonntag mitgeteilt hatte. Die Stabilität des Untergrunds in dem besonders betroffenen Stadtteil müsse weiterhin überprüft werden. In Blessem war durch die Fluten ein riesiger Krater entstanden, mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.
Tote und Zerstörung auch in Belgien
Auch Belgien wurde von den Unwettern hart getroffen, vor allem die Region um Lüttich. Dort hat die Hochwasserkatastrophe mindestens 31 Menschen das Leben gekostet, wie das Nationale Krisenzentrum am Sonntag mitteilte.
Wenn das Wasser zurückgeht, "werden wir wahrscheinlich noch katastrophale Situationen vorfinden", warnte die Bürgermeisterin von Lüttich, Christine Defraigne. Durch die Großstadt und die gleichnamige Provinz im Osten Belgiens fließen die Maas und zahlreiche Nebenflüsse.
In Chaudfontaine war es die Vesdre, die Häuser flutete, Bäume umwarf und die Ortschaft mit einer Schlammschicht überzog. Dort fiel die Fabrik des bekannten Chocolatiers Galler den Wassermassen zum Opfer. Am Samstag überlagerte der Duft von Schokolade den ansonsten omnipräsenten Modder-Geruch.
Strom gab es noch keinen. Diesen wieder einzuschalten, sei der nächste Schritt, "um zu sehen, ob die Maschinen noch funktionieren", sagte Gallers Sprecherin Valérie Stefenatto zu AFP. Der finanzielle Schaden sei noch nicht abzuschätzen, fügte sie hinzu. Immerhin blieb das Lager des Schokoladenfabrikanten im knapp 15 Kilometer entfernten Herstal verschont.