Die verzweifelten Hilfsanstrengungen für die Flutopfer auf Sumatra haben einen Rückschlag erlitten: Der Flughafen der Provinzhauptstadt Banda Aceh, der einzige der gesamten Region, musste geschlossen werden. Ein Transportflugzeug war nach der Landung kurz nach Mitternacht in eine Kuhherde gerollt und blockierte die Landebahn.
Die Westküste der indonesischen Insel ist nach UN-Angaben bei der Flutkatastrophe am 26. Dezember weit schlimmer getroffen worden, als bislang befürchtet. Die Opferzahl könnte um mehrere zehntausend steigen, sagte UN-Koordinator Jan Egeland in New York. Offiziell wurden bis zum Dienstag in allen elf betroffenen Ländern 140.000 Leichen registriert, allein in Indonesien fast 100.000.
Spekulationen über Ausmaß der Schäden
Egeland zufolge ist die Westküste Sumatras trotz der allgemeinen Fortschritte bei der Katastrophenhilfe noch immer von jeder Unterstützung abgeschnitten. Er wisse nicht einmal, ob dort zehntausende oder hunderttausende Überlebenden ausharrten. Viele Dörfer dort seien ausgelöscht.
Die Vereinten Nationen befürchten nach der Flutkatastrophe nun eine zunehmende Kindersterblichkeit im Katastrophengebiet. Es gebe bereits erste Anzeichen für eine erhöhte Todesrate unter Kindern, sagte Egeland. Er verwies auf die Zunahme von Durchfallerkrankungen wegen mangelnder Hygiene. Man müsse ein paar Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen versorgen. Dies sei ein Wettlauf gegen die Zeit.
Identifizierung ausländischer Opfer immer schwieriger
Die Identifizierung von tausenden Leichen, darunter vermutlich die vieler Europäer, wird unterdessen immer schwieriger. Es werden immer noch neue Leichen gefunden, deren Verwesungszustand wegen der Tropenhitze schon weit fortgeschritten ist. Während die einheimischen Opfer auf der Insel Phuket, wo auch zahlreiche Deutsche Urlaub machten, provisorisch begraben werden, sind die ausländischen Leichen in klimatisierten Containern aufbewahrt. Ihre Identifizierung könnte noch Monate in Anspruch nehmen, sagte der australische Außenminister Alexander Downer bei einem Besuch vor Ort.
Laut UN-Generalsekretär Kofi Annan ist zu befürchten, dass nicht alle internationalen Hilfszusagen erfüllt würden. Auch wenn zahlreiche Regierungen insgesamt mehr als zwei Milliarden Dollar versprochen hätten, werde die tatsächliche Summe vermutlich geringer ausfallen, sagte Annan. Das zeige die Erfahrung.
Zusätzliche Hilfe zugesagt
Die Bundesregierung will ihre Fluthilfe für Südasien massiv aufstocken. Es werde „sehr viel mehr“ Geld für die Opfer der Katastrophe geben, kündigte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul an. Über den Betrag werde am Mittwoch im Bundeskabinett beraten.
Auch US-Außenminister Colin Powell sicherte den betroffenen Ländern Unterstützung zu. Er traf in Thailand ein, von wo aus er nach Indonesien und Sri Lanka weiterreisen wird. Die drei Länder sind zusammen mit Indien von der Flutkatastrophe am schwersten betroffen. In der indonesischen Hauptstadt Jakarta nimmt Powell am Donnerstag an einer internationalen Konferenz über den Wiederaufbau der Katastrophenregion teil.
Egeland äußerte die Hoffnung, dass private Spender aus aller Welt letztlich genau so viel oder sogar mehr Geld aufbrächten als die Geberstaaten und internationalen Organisationen. In den USA, deren Regierung 350 Millionen Dollar zugesagt hat, sei dies bereits jetzt der Fall.