Unwetter in Libyen Massengräber für Überschwemmungsopfer: bis zu 20.000 Tote in Darna befürchtet

Tausende Tote in Libyen
Arbeite begraben die Opfer der veerenden Überschwemmungen in Libyen
© Yousef Murad / AP / DPA
Sehen Sie im Video: Massengräber für Überschwemmungsopfer: bis zu 20.000 Tote allein in der Stadt Darna.




Nach der Flutkatastrophe in Libyen suchen Einsatzkräfte weiter nach Opfern und Vermissten. Allzu oft können sie jedoch nur noch Leichen bergen. Der Bürgermeister der besonders schwer getroffenen Küstenstadt Derna geht davon aus, dass sich die Zahl der Toten auf bis zu 20.000 erhöhen könnte. Dies ergebe sich auf Grundlage der Teile der Stadt, die zerstört worden seien, sagte Abdulmenam Al-Ghaithi am Mittwoch dem Sender al-Arabija. Bislang gingen Regierungsvertreter von über 5300 Toten in Derna aus. Auf die Frage, wie viele Menschen durch das Unwetter getötet worden sein könnten, brach dieser Mediziner am Mittwoch in Tränen aus. Die Zahlen seien gigantisch, Genaues könne er aber nicht sagen, so der Mann. Nach bisherigen Erkenntnissen war nach sintflutartigen Regenfällen oberhalb der Stadt ein Damm gebrochen. Danach raste eine Flutwelle durch den 125.000 Einwohner zählenden Ort und spülte ganze Straßenzüge ins Meer. Unterdessen ist auch Hilfe aus Deutschland angelaufen. Im Logistikzentrum des Technischen Hilfswerks in Bayern wurden am Mittwoch Hilfsgüter verladen. "Wir schicken hier aus dem Landesverband aus dem Logistikzentrum des Landesverbands Bayern verschiedene Hilfsgüter, die vor Ort dringend gebraucht werden, wie Familien, Zelte, Schlafsäcke, Decken, Isomatten. Aber auch Feldbetten, so dass die Flutopfer vor Ort auch übernachten können und ein trockenes Dach über dem Kopf haben." Am Donnerstag sollen die Hilfsgüter mit Maschinen der Bundeswehr vom niedersächsischen Stützpunkt Wunstorf aus nach Libyen geflogen werden.
Ausnahmezustand in Libyen: Von vielen Menschen fehlt jede Spur, täglich werden weitere Tote geborgen. Die Stadt Darna stellt dabei einen traurigen Rekord auf. Deutschland schickt derweil Hilfe in das Krisengebiet.

Die Zahl der Todesopfer in den Überschwemmungsgebieten in Libyen könnte Befürchtungen zufolge noch sehr deutlich steigen. Besonders grauenhaft ist die Lage in der Hafenstadt Darna. "Wir erwarten eine sehr hohe Zahl von Opfern. Ausgehend von den zerstörten Bezirken in der Stadt Darna können es 18.000 bis 20.000 Tote sein", sagte Bürgermeister Abdel-Moneim al Gheithy dem arabischen Fernsehsender Al Arabija. Der Sturm "Daniel" hatte am Sonntag das nordafrikanische Land erfasst. Nahe Darna brachen zwei Dämme, ganze Viertel der 100.000 Einwohner zählenden Stadt wurden ins Meer gespült. Ganze Straßenzüge sind in meterhohem Schlamm versunken.

Rettungsteams suchten in den Trümmern weiter nach Überlebenden. Doch die Hoffnung, Menschen lebend zu finden, schwindet. Videos in sozialen Medien zeigten Fahrzeugkolonnen, die Tote abtransportierten, auf anderen Aufnahmen trieben Leichen im Meer. Geborgene Opfer wurden in Leichensäcken in Massengräbern verscharrt. Auch in anderen Teilen des Bürgerkriegslandes herrscht weiter der Ausnahmezustand. Unterdessen gibt es verzweifelte Rufe nach mehr humanitärer Hilfe für die Überlebenden. Allein in Darna sind mehr als 30.000 Menschen obdachlos geworden, wie die Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf X mitteilte. 10.000 Menschen galten als vermisst.

Deutsche Hilfslieferungen auf dem Weg nach Libyen

Das deutsche Technische Hilfswerk (THW) brachte derweil Hilfslieferungen auf den Weg. Es handelt sich nach Angaben der Organisation um 100 Zelte mit Beleuchtung, 1000 Feldbetten, 1000 Decken, 1000 Isomatten und 80 Stromgeneratoren. Einem Sprecher der Organisation zufolge brachen acht Lastwagen noch am Mittwochabend in Richtung Wunstorf bei Hannover auf. Vom dortigen Bundeswehrstandort sollte die Fracht an diesem Donnerstag nach Libyen gebracht werden. Libyen hatte zuvor ein internationales Hilfeersuchen gestellt.

Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kündigte für Donnerstag die Ankunft eines Notfallteams in der schwer betroffenen Stadt Darna an. Es bestehe aus Logistikern und medizinischem Personal, gab die Organisation auf der Plattform X (vormals Twitter) bekannt. Man bringe zudem Notfallausrüstung mit zur Behandlung von Verletzten und Leichensäcke für Libyens Wohlfahrtsorganisation Roter Halbmond.

Die Sorge gelte auch den Hunderttausenden von Flüchtlingen und anderen Migranten aus mehr als 40 Ländern, für die Libyen das Sprungbrett nach Europa sei, berichtete die Zeitung "Arab News" mit Sitz in Saudi-Arabien. Auch unter diesen Menschen dürfte es Opfer geben, die von den Überschwemmungen mitgerissen wurden, hieß es.

Neben Darna sind auch andere Städte wie Al Baida, Al Mardsch, Susa und Schahat betroffen. "Wir brauchen einfach Leute, die die Situation verstehen - logistische Hilfe, Hunde, die Menschen riechen können und sie aus dem Boden holen. Wir brauchen einfach humanitäre Hilfe, Leute, die wirklich wissen, was sie tun", sagte ein libyscher Arzt, der in einer Klinik nahe Darnas arbeitet, dem britischen Sender BBC.

cl / DPA / Reuters

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