Myanmar Militärregime verteilt Pakete der Hilfsorganisationen

In Myanmar sind die ersten Hilfsgüter eingetroffen: In Rangun landete ein russisches Flugzeug mit 30 Tonnen Zelten und Decken. Doch das Militärregime lässt die Helfer nicht ins Land, verteilt die Lieferung selbst an die Bevölkerung. Hilfsorganisationen warnen vor der nächsten Katastrophe.

Grauenvolles Leid der Opfer und sture Militärs in Myanmar - die internationalen Hilfsorganisationen stehen auf dem Sprung und kommen doch nur schleppend voran. Noch immer verweigert die Regierung Helfern die Einreise in das vor einer Woche vom Zyklon "Nargis" heimgesuchte Land. Inzwischen rechnen die Vereinten Nationen mit bis zu 100.000 Todesopfern und rund 1,9 Millionen Menschen, die von Hunger, Durst und akuter Seuchengefahr betroffen sind. Ungeachtet dessen waren Millionen Menschen in Myanmar am Samstag zur Abstimmung über eine neue Verfassung aufgerufen, mit der die Militärjunta ihre Macht zementieren will. Nur in den am schlimmsten von der Katastrophe betroffenen Bezirken darf in zwei Wochen nachgewählt werden.

Doch nun wollen sich einige Länder nicht länger hinhalten lassen. Frankreich kündigte an, für Hilfsgüter ein Kriegsschiff einzusetzen. "Wir haben entschieden zu handeln, ohne weiter zu warten", sagte Außenminister Bernard Kouchner der Zeitung "Le Figaro". Mit dem Kriegsschiff "Mistral" sollen 1500 Tonnen Hilfsgüter in das südasiatische Land geschickt werden. "Die Hilfe wird direkt an die Betroffenen verteilt", sagte Kouchner. "Es kommt nicht infrage, die Hilfe direkt an die Junta zu liefern. Dieses Regime ist zu allem fähig - selbst dazu, inmitten einer Naturkatastrophe eine Verfassungsabstimmung zu organisieren."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Regierung in Myanmar eindringlich zur Kooperation auf. Hilfsorganisationen müssten "ohne jede Behinderung" so schnell wie möglich ins Land gelassen werden. Er habe versucht, direkt mit den Machthabern in Myanmar zu sprechen, dies sei ihm aber bisher nicht geglückt. Auch die USA, Deutschland und Großbritannien machten Druck - bisher ohne große Wirkung. Immerhin erhielt ein US-Militärflugzeug mit Hilfsgütern für Montag die Landeerlaubnis in Rangun.

Russland beugt sich dem Diktat

Am Samstag trafen auch die ersten russischen Hilfsgüter in Myanmar ein. In Rangun sei am Morgen ein Transportflugzeug mit rund 30 Tonnen Zelten und Decken gelandet, meldete die Agentur Itar-Tass. Die Hilfsgüter würden der Regierung in Myanmar übergeben, die selbst die Verteilung übernehme. Damit beugt sich Russland dem Diktat der birmanischen Regierung, Hilfsgüter lediglich abzuliefern und nicht selbst zu verteilen. Insgesamt will Russland nach Angaben der staatlichen Agentur RIA Nowosti mindestens 60 Tonnen Lebensmittel, Medikamente und Diesel-Generatoren nach Myanmar bringen.

Ein Konvoi des Flüchtlingshilfswerks UNHCR mit 20 Tonnen Zelten und Plastikplanen für 10.000 Menschen startete am Mittag im thailändischen Grenzort Mae Sot in Richtung Rangun. Die beiden Lastwagen wurden jedoch etwa einen Kilometer hinter der Grenze vom Militär in ein Kloster dirigiert, berichtete das ZDF, das den Transport mit versteckter Kamera aufzeichnete. Ein Armeemajor sagte den Reportern, dass das Material am Sonntag weitergeleitet werde. Das UNHCR bemühe sich, die dringend benötigten Hilfsgüter so schnell wie möglich wieder auf den Weg zu bringen, sagte eine Sprecherin.

Das Welternährungsprogramm (WFP) verhandelte am Samstag noch mit dem Militär über die Freigabe der konfiszierten Lieferungen vom Freitag. Sie waren ohne Zustimmung der Organisation am Flughafen in ein Lagerhaus gebracht worden. Das WFP setzte seine Flüge am Samstag dennoch fort. "Angesichts der humanitären Krise sind wir einfach verpflichtet weiterzumachen", sagte Sprecher Marcus Prior in Bangkok.

Unterdessen berichteten britische Hilfsorganisationen am Samstag über kleinere Fortschritte. Flugzeuge des Roten Kreuzes konnten nach Angaben des britischen Katastrophen-Komitees in Myanmar landen. Weitere sieben Flugzeuge mit Schaufeln, Moskitonetzen und Kraftstoffkanistern sollten zwischen Samstag und Montag ankommen. Das Komitee sammelte Spenden von mehr als 5,1 Millionen Euro.

Matthias Schmale, Direktor vom britischen Roten Kreuz, sagte: "Heute wurden unsere Bemühungen, Personal und Hilfsgüter in die betroffenen Regionen zu bringen, nicht blockiert." Aber die Fortschritte seien immer noch "frustrierend langsam und zu gering". Die Kinderhilfsorganisation Save the Children erklärte, ihre Mitarbeiter hätten inzwischen Hilfe an rund 72.000 Zyklon-Opfer verteilt. Sorgen machten ihnen aber weitere Regenstürme, die Myanmar nach Vorhersagen kommende Woche erreichen sollten. Am Vortag hatten Helfer vor einer "Epidemie mit apokalyptischen Ausmaß" gewarnt.

Für die Helfer habe ein Wettlauf mit der Zeit begonnen, sagte Moritz Wohlrab, Sprecher von Aktion Deutschland Hilft, der in Rangun unterwegs ist. Die drei großen Sorgenfelder seien nach wie vor das fehlende Trinkwasser, die fehlenden Nahrungsmittel sowie die fehlende Elektrizität. "Nach einigen Minuten Taxifahrt stadtauswärts sieht man nicht nur umgeknickte Bäume und kaputte Stromleitungen, sondern später auch Leichen in überschwemmten Reisfeldern", so der Sprecher.

Unicef Deutschland verwies auf das Leid tausender Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder von ihnen getrennt wurden. Allein in der Ortschaft Myaing Mya schätzt die UN-Kinderhilfsorganisation die Zahl der elternlos umherirrenden Kinder auf 2000. Sie wurden zusammen mit 15.000 Obdachlosen aus der völlig zerstörten Stadt Laputta dorthin gebracht. In Myaing Mya wurden inzwischen 17 Camps eingerichtet.

DPA DPA

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