Unwetter Nach Dauerregen droht neue Hochwasserwelle

Rhein, Main und Mosel erreichten kritische Pegel. Ein Ende der Niederschläge ist nicht in Sicht. Die Temperaturen sollen erst ab Montag fallen.

Gut vier Monate nach der Jahrhundertflut steht Deutschland vor einer neuen Hochwasserwelle. Rhein, Main und Mosel erreichten am Freitag kritische Pegel. Im fränkischen Coburg waren Teile der Innenstadt überflutet; in Zell an der Mosel stand das Wasser bis ins Rathaus. In Köln könnte der Rhein bis Samstag auf mehr als zehn Meter steigen. Die Flüsse waren nach dem nächtlichen Regensturm stark angeschwollen; mindestens zwei Menschen kamen ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen stiegen die Pegel wieder bedrohlich.

Das rheinland-pfälzische Umweltministerium bezeichnete die Lage an der Mosel als kritisch und warnte vor einer Zuspitzung der Situation im Mittelrheintal. In Koblenz ist bis Samstagabend mit einem Wasserstand von bis zu 8,75 Meter zu rechnen, in einige Stadtteile drangen die Fluten bereits vor.

Schifffahrt bei Köln eingestellt

In Köln erreichte der Rhein am Nachmittag gegen 14.00 Uhr einen Stand von 8,42 Meter. Die Schifffahrt wurde eingestellt. Gegen 20.00 Uhr wurde mit dem Überschreiten der Neun-Meter-Marke gerechnet. Steigt der Fluss über zehn Meter, droht das Wasser das ufernahe Viertel zu überfluten. In Bonn konnte die Prognose etwas nach unten korrigiert werden. Aber auch bei den jetzt erwarteten 9,80 Meter würden Dämme überflutet und ufernahe Wohngebiete unter Wasser kommen.

Im Eifelort Echternacherbrück blieb ein 71-jähriger Autofahrer, der offenbar gegen 04.00 Uhr in die Fluten der Sauer geriet, trotz umfangreicher Suche vermisst. Die Schifffahrt auf der Mosel blieb gesperrt. Auf dem Rhein wurde der Schiffsverkehr zwischen Koblenz und Oberwinter eingestellt.

Zell komplett überflutet

Im Moseltal waren zahlreiche Ortschaften und Städte vom Hochwasser betroffen. In Zell überspülte die Mosel bereits um Mitternacht die Hochwasserschutzmauer, die ganze Stadt wurde überflutet. Am Pegel Trier wurde für den Nachmittag ein Hochwasserscheitel von etwa zehn Meter erwartet.

Wiesbaden überrascht

Vom Hochwasser überrascht wurde in der Nacht zum Freitag die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. Zahlreiche Bäche, die in die Stadt führen, traten über die Ufer. In Osthessen ertrank eine Herde mit 70 Schafen in den Fluten. Bad Soden-Salmünster, Schlüchtern und Teile von Gelnhausen wurden überflutet.

Im fränkischen Coburg war der Bahnhof wegen Überflutung nicht mehr erreichbar. In der Stadt hatte sich der Pegel der Itz über Nacht auf 3,80 Meter verfünffacht. Im unterfränkischen Westheim bei Hammelburg war eine Mühle überschwemmt, Polizei und Technisches Hilfswerk versuchten, drei Personen und mehrere Pferde zu befreien. In Bad Kissingen setzte die Fränkische Saale die gesamten Kuranlagen unter Wasser.

Die Elbe steigt und steigt

In Sachsen waren besonders die Regionen Torgau-Oschatz, Meissen und Leipzig von Hochwasser betroffen. Einige Straßen wurden zumindest teilweise überflutet. In Sachsen-Anhalt wurde an der Unstrut im Burgenlandkreis die höchste Alarmstufe 4 ausgerufen. Auch an der Elbe bei Magdeburg stieg der Pegel, für den am kommenden Montag eine Höhe von 5,60 Metern erwartet wird. Größere Sorge bereiten die kleinen Flussläufe und Gräben im Stadtgebiet, deren Aufnahmekapazität erschöpft sind. Die Bundesautobahn A 14 in Richtung Dresden musste zwischen Schönebeck und Calbe wegen einer Überschwemmung für Stunden gesperrt werden.

In Niedersachsen stiegen die Flüsse Weser, Leine und Aller. Umwelt- und Innenministerium sprachen aber von einer noch nicht dramatischen Situation.

Orkanböen mit bis zu 200 Stundenkilometern

Der Dauerregen wurde in der Nacht von Orkanböen begleitet, die in Baden-Württemberg Geschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometer erreichten. In der Nähe von Calw erschlug eine 30 Meter hohe Tanne ein 13-jähriges Kind in einem Auto, der 55-jährige Vater am Steuer wurde nach Polizeiangaben schwer verletzt. Ein 18-Jähriger kam am Donnerstagabend bei einem Verkehrsunfall auf schneeglatter Straße in Schleswig-Holstein ums Leben.

Frost ab Wochenbeginn

Die Wetterforscher gaben auch für die nächsten Tage keine Entwarnung. Vor allem im Süden Deutschlands soll es bis zum Sonntag weiter regnen beziehungsweise schneien. Dann wird es im ganzen Land frostig: Spätestens von Montag an sollen die Temperaturen überall unter dem Gefrierpunkt liegen.

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