Jetzt rückt Markus Söder in den Fokus. Nach den Erklärungen von Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger zu einem antisemitischen Flugblatt aus Schulzeiten fordern Grüne, SPD und FDP eine Stellungnahme von dem Ministerpräsidenten – und zwar umgehend. Je nachdem, wie diese ausfällt, wollen die drei Oppositionsfraktionen dann über einen möglichen Antrag auf eine Sondersitzung im Landtag entscheiden.
"Für uns ist eine Sondersitzung weiter auf dem Tisch. Aber erstmal muss Markus Söder sich äußern – und zwar bald", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze der Deutschen Presse-Agentur in München. FDP-Fraktionschef Martin Hagen betonte ebenfalls: "Der Ball liegt beim Ministerpräsidenten. Er muss sich am Montag zum Skandal um seinen Stellvertreter erklären. Abhängig von seiner Reaktion werden wir beraten, ob wir eine Sondersitzung einberufen."
"Ziel ist die Entlassung von Hubert Aiwanger"
Die SPD hatte sich als erstes für eine Sondersitzung ausgesprochen. Der SPD-Fraktionsvorstand habe bereits einstimmig dafür votiert, sagte Fraktionschef Florian von Brunn. "Ziel ist, die Entlassung von Hubert Aiwanger auf die Tagesordnung des Landtags zu setzen, um die notwendigen Konsequenzen zu ziehen – bevor noch mehr Schaden für Bayern entsteht." FDP und Grüne wollten aber zunächst noch auf die Reaktion Söders warten. "Deren Stimmen sind notwendig." Er habe dann vorgeschlagen, dass man sich am Montag noch einmal kurzschließe.
Freie-Wähler-Chef Aiwanger (52) hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, als Minderjähriger zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet hatte. "Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend", hieß es in einer Erklärung Aiwangers.
Söder-Statement steht noch aus
Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers ein Jahr älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben: "Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen war."
Söder, der Aiwanger am Samstag zu einer umfassenden Aufklärung gedrängt hatte, äußerte sich am Sonntag nicht zu dessen Erklärungen, obwohl er mehrere öffentliche Auftritte hatte. Auch Aiwanger trat am Sonntag öffentlich auf, verlor aber kein Wort zu den im Raum stehenden Vorwürfen.
In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies auch möglich sein wird - wobei die Freien Wähler zuletzt bei 11 bis 14 Prozent lagen. Die CSU regiert im Freistaat seit der Wahl 2018 zusammen mit den Freien Wählern.