Ägypten wird zum Schlachtfeld Mubarak-Regierung mit Wut der Straße konfrontiert

Das Zentrum der ägyptischen Hauptstadt Kairo am Wochenende: ein Schlachtfeld. Am sechsten Tag in Folge durchbrechen tausende Menschen in Kairo die Ausgangssperre. Ihre einmütige Forderung: "Hau ab, Mubarak, hau ab!"

Wie ein Schlachtfeld sieht das Zentrum der ägyptischen Hauptstadt Kairo am Wochenende aus: ausgebrannte Autos, Schutt auf den Straßen, dunkle Rauchwolken über dem Regierungssitz und der Zentrale der Regierungspartei. Wütende Demonstranten trotzen Armee und Polizei und durchbrechen zu tausenden die Ausgangssperre. Das Versprechen des seit drei Jahrzehnten mit harter Hand, Polizeiwillkür und Ausnahmezustand regierenden Staatschefs Husni Mubarak, es werde eine neue Regierung und Reformen geben, reicht ihnen nicht.

Sie wollen, dass Mubarak das Land verlässt - so wie sein tunesischer Kollege Zine El Abidine Ben Ali. "Der Präsident muss gehen. Das ist das Einzige, was wir verlangen. Abtreten, es reicht!" ruft Hassan, ein 30 Jahre alter Demonstrant.

Zwischen Midan Tahrir, dem Freiheitsplatz, und Innenministerium eröffnen schwarzgekleidete Bereitschaftspolizisten das Feuer auf Demonstranten. Dutzende Verletzte, viele von ihnen bewusstlos, werden in die kleine Bab-el-Luk-Moschee gebracht, wo Ärzte und freiwillige Helfer sich um sie kümmern. "Die Polizei schießt auf uns, für die sind wir der Feind", empört sich Ahmad und hält zum Beweis eine abgefeuerte Patrone hoch.

Ein dutzend Kampfpanzer schützt das Innenministerium, aber die Armee mischt sich in die Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten nicht ein. Demonstranten grüßen die Soldaten mit Sprechchören. "Volk und Armee sind eins", schallt es über den Freiheitsplatz. In der Nähe verwüsten Plünderer die Läden von McDonald's, Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken. "Diese Typen da, das sind Banditen, Räuber. Ich weiß nicht, woher die kommen, aber sie sehen so aus, als seien sie aus dem Gefängnis ausgebrochen", sagt einer der Demonstranten über die Plünderer.

In der Nähe des Abu-Saabal-Gefängnisses lagen nach Angaben eines Sicherheitsvertreters nach einer Meuterei dutzende Leichen auf der Straße. In der Nacht seien innerhalb und außerhalb des Gefängnisses im Osten der Stadt Schüsse zu hören gewesen. Mehr als ein Dutzend Todesopfer wurden in einer Moschee in der Nähe des Gefängnisses aufgebahrt.

In mehreren Vierteln der Hauptstadt bilden sich Bürgerwehren. Mit Knüppeln und Eisenstangen gehen sie gegen Banden vor, die am Rande der Massenproteste Geschäfte und Häuser plündern. Im Viertel Mohandissin auf der Westseite des Nils berichten Einwohner von dutzenden zerstörten Läden. In Maadi im Süden von Kairo, wo auch viele Ausländer leben, wird ein Supermarkt der französischen Kette Carrefour geplündert. Viele Bewohner von Maadi haben bereits ihre Häuser aus Angst um ihre Sicherheit verlassen. Entweder kehrten sie gleich in ihre Heimatländer zurück oder sie suchten Zuflucht in einem der gut geschützten Luxushotels in Kairo.

Im Viertel El Sabtia räumten Plünderer ein Einkaufszentrum aus, wurden aber von Einwohnern verfolgt, die ihnen ihr Diebesgut wieder abnehmen konnten. Anderswo wurden Bankautomaten zerstört und geleert. Plünderer drangen auch in das ägyptische Museum ein und raubten wertvolle Kunstschätze. An vielen Stellen ist die 20-Millionen-Einwohner-Metropole Kairo nicht wiederzuerkennen.

AFP
Guillaume Lavallee, AFP