Ahmadinedschad in New York Mahmuds Märchenstunde

Eigentlich war er zur UN-Vollversammlung nach New York gekommen, doch Irans Präsident Ahmadinedschad stellte sich auch Fragen von Studenten der Elite-Universität Columbia. Dabei überraschte er nicht nur mit der Behauptung, im Iran gebe es keine Homosexualität.

Der Besuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in New York hat am Montag Proteste und Demonstrationen ausgelöst. Bei seinem Auftritt an der Columbia Universität wurde er mit Fragen zur Hinrichtung von Menschenrechtsaktivisten und Kindern in seinem Land sowie zur Unterdrückung von Frauen, Homosexuellen und Angehörigen anderer Glaubensrichtungen konfrontiert.

"Engstirniger und grausamer Diktator"

Der Präsident der New Yorker Columbia-Universität, Lee Bollinger, hat den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad als "engstirnigen und grausamen Diktator" zu einem Auftritt vor seinen Studenten begrüßt. Wenn Ahmadinedschad den Holocaust leugne, sei er entweder "schamlos provokativ oder erstaunlich ungebildet", sagte Bollinger am Montag. Damit könne der iranische Präsident vielleicht Ungebildete und Unwissende täuschen, sagte Bollinger weiter. "Wenn Sie aber an einen Ort wie diesen kommen, machen Sie sich (damit) einfach lächerlich. Der Holocaust ist das am meisten dokumentierte Ereignis in der Menschheitsgeschichte."

Ahmadinedschad wurde mit Beifall begrüßt, als er ans Rednerpult trat. Er wies Bollingers Einführung als Beleidigung zurück. Der Uni-Präsident sei unter dem Einfluss "der feindseligen US-Presse und -Politiker". Er wolle sich nicht "Von dieser unfreundlichen Behandlung" beeinflussen lassen. Auf Fragen aus dem Publikum zu seinem Ausspruch, der Holocaust sei ein Märchen, sagte er: "Angenommen, es ist geschehen: Was hat das mit dem palästinensischen Volk zu tun?"

"Wir haben dieses Phänomen nicht"

Auf eine Nachfrage zu Todesurteilen gegen Homosexuelle im Iran sagte Ahmadinedschad, die iranische Justiz richte Gewaltverbrecher und Rauschgifthändlerbosse hin. Er verglich das mit Mikroben, die durch medizinische Behandlung eliminiert würden. Erneut auf die Todesstrafe gegen Homosexuelle angesprochen, sagte er: "Wir haben im Iran keine Homosexuellen wie ihr in eurem Land." Nachdem einige im Publikum lachten, fügte er hinzu. "Wir haben im Iran nicht dieses Phänomen. Ich weiß nicht, wer Ihnen gesagt hat, wir hätten es."

Gegen den Auftritt Ahmadinedschads demonstrierten am Montag tausende Menschen in New York. Ahmadinedschad dürfe keine Bühne geboten werden, sagte eine der Demonstrantinnen, Stadtratsmitglied Christine Quinn. US-Präsident George W. Bush reagierte betont gelassen: Ahmadinedschads Auftritt in der Columbia-Universität spreche Bänder über Amerikas Größe, sagte er im Fernsehsender Fox.

In einem Interview hatte Ahmadinedschad erneut erklärt, der Iran plane keinen Angriff gegen Israel oder einen anderen Staat. "Der Iran wird überhaupt kein Land angreifen", sagte der Präsident. Die Außenpolitik Teherans sei von humanitären Bestrebungen getragen und dem Bemühen um Gerechtigkeit getragen. Zum Streit über das iranische Atomprogramm sagte er, es sei falsch anzunehmen, dass der Iran und die USA auf einen Krieg zusteuerten.

USA wollen Sanktionen gegen den Iran

Den Vorwurf, dass Teheran Terroristen und Milizen im Nachbarland Irak mit Waffen ausstatte, hatte Ahmadinedschad schon zuvor bei einer Pressekonferenz zurückgewiesen. "Das stimmt nicht", beharrte er. Das US-Militär versuche mit dem Vorwurf nur, seine Niederlage im Irak zu vertuschen und die Schuld auf andere, vor allem auf den Iran, abzuschieben.

Die USA geben sich dessen ungeachtet sicher, dass zumindest Teile Kuds-Eliteeinheit der iranischen Revolutionären Garden ein "Netzwerk von Aktivitäten zur Unterstützung von Terrorismus hat", wie US-Außenministerin Condoleezza Rice jetzt sagte. Zudem gehe sie davon aus, dass die Militärs ein "Netzwerk von Aktivitäten zur Unterstützung der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen" habe. Deshalb erwägen die USA nun konkrete Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, auch ohne einen entsprechenden Beschluss des UN-Sicherheitsrats.

Kein Besuch von Ground Zero

Zugleich dementierte er im CBS-Interview erneut, dass sein Land den Besitz von Atomwaffen anstrebe. In den heutigen politischen Beziehungen sei eine Atombombe nicht von Nutzen. Mit seiner Absicht, am Ground Zero einen Kranz für die Opfer der Anschläge des 11. Septembers 2001 niederzulegen, löste Ahmadinedschad vor seiner Reise nach New York einen Sturm der Entrüstung aus. Das Ansinnen wurde abgelehnt, offiziell aus Sicherheitsgründen.

DPA · Reuters
DPA/Reuters