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Urteil in Moskau Nawalny muss in Haft bleiben – Kreml verschärft Gangart gegen Opposition

Alexej Nawalny im Moskauer Landgericht. Journalisten bekamen ihn nur auf dem Fernsehbildschirm zu sehen. 
Alexej Nawalny im Moskauer Landgericht. Journalisten bekamen ihn nur auf dem Fernsehbildschirm zu sehen. 
© Alexander Nemenov / AFP
Wirklich überraschend kommt dieser juristische Rückschlag für Alexej Nawalny nicht: Der inhaftierte Kremlkritiker kommt vorerst nicht frei. Die Proteststimmung in Russland könnte die Entscheidung trotzdem anheizen. 

Ein russisches Gericht hat die 30-tägige Haftstrafe von Kremlkritiker Alexej Nawalny bestätigt. Nawalnys Anwälte scheiterten am Donnerstag vor einem Gericht bei Moskau mit ihrem Versuch, die Freilassung des Oppositionellen zu erwirken, wie eine Liveübertragung aus dem Gerichtssaal zeigte.

Als der Richter sich bei Nawalny erkundigte, ob er den Beschluss verstehe, entgegnete der Kreml-Gegner: "Ich habe bereits vor Beginn der Gerichtssitzung alles verstanden, danke."

Nawalny war am 17. Januar direkt nach seiner Rückkehr nach Russland an einem Flughafen in Moskau festgenommen und in einem umstrittenen Eilverfahren zunächst zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Der 44-Jährige soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Sein Team kündigte an, die Entscheidung auch auf internationaler Ebene anzufechten. "Wir gehen in Berufung, wir gehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wir gehen überall hin", sagte Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew vor Reportern.

Festnahmen und Razzien im Umfeld von Alexej Nawalny 

Schon vor der Bestätigung des Urteils hatten die russischen Behörden ihre Gangart gegenüber der Opposition weiter verschärft. In der Nacht zum Donnerstag nahmen Polizisten mehrere Verbündete Nawalnys in Gewahrsam, darunter seinen Bruder Oleg und seine Mitstreiterin Ljubow Sobol, wie Nawalnys Mitarbeiter Iwan Schdanow mitteilte. Beiden werde ein Verstoß gegen Corona-Auflagen vorgeworfen.

Schdanow schrieb im Online-Dienst Twitter, Sobol und Oleg Nawalny seien für 48 Stunden in Gewahrsam genommen worden. Laut Sobols Anwalt Wladimir Woronin wurden beide über Nacht verhört. Für 48 Stunden in Gewahrsam genommen wurde laut Schdanow auch Nawalnys Ärztin Anastasia Wasiljewa. Deren Sprecherin veröffentlichte bei Twitter ein Video, das die Ärztin beim Klavierspielen zeigt, während Beamte in Uniform vor ihrem Haus eintreffen. Festgenommen wurde nach Angaben der Aktivistin Nadja Tolokonnikowa auch "Pussy Riot"-Mitglied Maria Alechina.

Nawalny-Mitstreiter rufen weiter zu Protesten auf 

Am Donnerstag gingen nach der Verkündung des Urteil die Festnahmen offenbar weiter, meldeten russische Medien. Die Politologin Tatjana Stanowaja sprach von dem "absolut irrsinnigen Versuch" der Behörden, die Opposition vor neuen Protesten zu schwächen. Der Ökonom Wladislaw Inosemzew sagte hingegen dem Radiosender Echo Moskwy, Präsident Wladimir Putin werde den Machtkampf gewinnen.

Nawalnys Mitstreiter erneuerten aber dennoch umgehend den Protestaufruf für kommenden Sonntag. "Ihr wisst, was zu tun ist!", schrieben sie im Messengerdienst Telegram. Zwei Tage später, am 2. Februar, wollen Richter darüber entscheiden, ob eine frühere Bewährungsstrafe Nawalnys, wie vom Strafvollzug gefordert, in eine echte Haftstrafe umgewandelt wird.

ivi AFP DPA

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