Bericht von "Save the Children" zu Syrien Menschenrechtler prangern grausame Folter an Kindern an

Sechsjährigen werden Fingernägel ausgerissen, Kinder als Schutzschilde missbraucht. In Deutschland scheint undenkbar, was laut Menschenrechtlern in Syrien passiert. Die Schuldigen bleiben im Dunkeln.

Kinder in Syrien werden einer Untersuchung zufolge gefoltert, inhaftiert und getötet. Das geht aus Zeugenberichten hervor, die die britische Hilfsorganisation "Save the Children" am Dienstag veröffentlicht hat. Tausende Kinder seien in dem Bürgerkrieg bereits ums Leben gekommen und viele mehr durch brutale Übergriffe verletzt und traumatisiert worden, prangern die Menschenrechtler an. Nahezu jedes der befragten Kinder habe in dem bereits 18 Monate andauernden Syrienkonflikt ein Familienmitglied verloren.

In dem Zeugenbericht schildern syrische Flüchtlinge erlebte Grausamkeiten. So berichtete ein 14-Jähriger über den Einsatz von Kindern als menschliche Schutzschilde: "Sie nehmen Kinder und stellen sie vor sich. Sie machen sich einen Schutzschild aus Kindern." Ein 15-Jähriger sagte, er sei in seiner früheren Schule gefoltert worden, die in ein Folterzentrum umfunktioniert worden sei. Zehn Tage sei er dort ohne Nahrungsmittel eingeschlossen worden, an den Handgelenken aufgehängt und geschlagen worden. "Einer nach dem anderen drückten sie ihre Zigaretten auf mir aus", so der Jugendliche.

Andere Kinder erklärten, sie seien während ihrer Inhaftierung mit Elektroschocks misshandelt worden. Ihre Zellen hätten sie sich mit verwesenden Leichen teilen müssen. Ein 16-Jähriger erzählte von einem Sechsjährigen, der "schwerer als jeder andere gefoltert wurde" und nach drei Tagen gestorben sei. Ein aus Syrien geflohener 17-Jähriger berichtete über die Ermordung eines Kleinkindes: "In meinem Dorf wurde auf ein zweijähriges Mädchen geschossen, das daraufhin starb. Es lief einfach nur da lang, und sie haben es erschossen." Sechsjährigen seien als Strafe nach einer Demonstration Fingernägel ausgerissen worden. In vielen der Berichten wird nicht klar, wer hinter den Gräueltaten stand.

Psychologische Hilfe für Flüchtlingskinder

"Save the Children" wurde nach eigenen Angaben der Zugang nach Syrien verweigert. Die Aussagen der Kinder deckten sich aber mit den von der Uno und Menschenrechtsorganisationen dokumentierten Verstößen. Die Organisation forderte die Vereinten Nationen auf, Verstöße gegen die Rechte von Kindern noch besser zu dokumentieren und mit allen Mitteln den Schutz der Kinder vor Gräueltaten sicherzustellen.

Die britische Organisation stellt den betroffenen Kindern in den Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens psychologische Hilfe zur Verfügung. "Diese Kinder brauchen professionelle Hilfe, um die schockierenden Erlebnisse zu verarbeiten", erklärte "Save the Children"-Leiterin Jasmine Whitbread.

In dem seit März 2011 anhaltenden Konflikt in Syrien wurden nach Angaben der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 29.000 Menschen getötet, darunter mehr als 2000 Kinder. Die Uno gibt die Zahl der Toten insgesamt mit mehr als 20.000 an. Der seit eineinhalb Jahren andauernde Volksaufstand ist eines der wichtigsten Themen bei der derzeitigen UN-Vollversammlung in New York.

DPA · Reuters
jwi/Reuters/AFP/DPA