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Besuch der Kanzlerin in Griechenland Merkel verspricht Athen weitere Hilfen

Eigentlich wollte sie nichts versprechen. Nun hat Angela Merkel Ministerpräsident Samaras frisches Geld für Reformen zugesagt. Auch die EU diskutiert neue Zugeständnisse an das hoch verschuldete Land.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Griechenland finanzielle Hilfe bei Reformen in Verwaltung und Gesundheitswesen zugesagt. Nach einem Treffen mit Regierungschef Antonis Samaras sagte sie am Dienstag in Athen, dabei gehe es um den Aufbau der regionalen Verwaltung und um Organisationsmanagement im Gesundheitswesen. Es geht um die Finanzierung zweier unter deutscher Betreuung stehender EU-Projekte mit einem Volumen von 30 Millionen Euro. Merkel fügte hinzu, sie sei "nicht als Lehrerin oder Notengeberin" gekommen, sondern um sich zu informieren. "Wir wissen aus Deutschland, wie lange es dauert, eine Reform umzusetzen." Wörtlich sagte sie: "Es wird ein längerer Weg sein. Aber ich glaube, dass wir Licht sehen werden am Ende des Tunnels."

Bei ihrem ersten Athen-Besuch seit Beginn der Euro-Krise äußerte sich Merkel zugleich zuversichtlich, dass das finanziell schwer angeschlagene Land in der Euro-Gruppe bleiben kann. Sie ermunterte den EU-Partner aber auch zu weiteren Anstrengungen.

Samaras sagte zu, dass sein Land die Reformzusagen erfüllen werde. "Das griechische Volk ist gewillt, in der Euro-Zone zu bleiben. Alle, die gewettet haben, dass Griechenland untergeht (...), werden diese Wette verlieren."

Verschiebung der Sparziele wird diskutiert

Merkel nannte weiter keinen Termin für die Vorlage des Troika-Berichts der Geldgeber. "Der Troika-Bericht kommt dann, wenn er fertiggestellt ist. Auch hier gilt, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht." Die Troika überwacht im Auftrag von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF die Reformbemühungen.

EU-Währungskommissar Olli Rehn kündigte an, dass die nächste Hilfsrate von 31,5 Milliarden Euro spätestens im November an Athen ausgezahlt werde. Rehn bestätigte, dass eine Verschiebung von Sparzielen debattiert werde. Details nannte er nicht. Griechenlands Regierungschef Antonis Samaras hatte mehrfach gesagt, er hoffe, dass sein Land das Defizitziel von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erst 2016 erfüllen muss. Das wären zwei Jahren später als geplant.

Tränengas gegen randalierende Demonstranten

Zuvor war Merkel auf einem roten Teppich und bei strahlendem Sonnenschein in Athen angekommen, Ministerpräsident Samaras holte sie direkt am Rollfeld ab. Doch nicht von allen Griechen wurde sie so höflich empfangen. Merkels erster Besuch seit Beginn der Schuldenkrise wird von massiven Protesten begleitet.

Nach Angaben von Gewerkschaften protestiertem 50.000 Menschen gegen den Sparkurs sowie Merkels Krisenstrategie. Die Polizei sprach von weniger als 40.000 Teilnehmern. Das Regierungsviertel sowie die Zufahrtsstrecke wurden abgesperrt, rund 7000 Polizisten waren im Einsatz. Es kam zu Ausschreitungen. 40 bis 50 teils vermummte Jugendliche warfen Steine auf Polizisten. Die setzten Schlagstöcke gegen die Angreifer ein. Zuvor hatten rund 100 Jugendliche versucht, eine Absperrung vor dem Parlamentsgebäude zu durchzubrechen. Die Polizei setzte Tränengas ein, daraufhin zogen sich die Randalierer zurück.

Mehrere diffamierende und beleidigende Plakate mit Nazi-Vergleichen waren bei zwei den Kundgebungen zu sehen. Einige Demonstranten trugen SS- und Wehrmachtsuniformen, mehrere Hakenkreuzfahnen wurden verbrannt. Das Staatsfernsehen berichtete allerdings schon am Vormittag über erste Festnahmen.

"Raus aus unserem Land, du Schlampe"

In der Innenstadt formierte sich zu diesem Zeitpunkt schon massiver Protest. Auf dem Platz vor dem Parlament versammelten sich nach ersten Schätzungen der Polizei rund 30.000 Menschen. Sie protestieren gegen das harte Sparprogramm und machten zum Teil Merkel verantwortlich für die Arbeitslosigkeit und das Schrumpfen der griechischen Wirtschaft.

Auch auf dem zentralen Omonia Platz kamen mehrere tausend Anhänger der Kommunistischen Partei (KKE) zu einer Demonstration zusammen. "Jetzt Volksaufstand gegen die Sparpolitik", skandierten sie. Das Staatsfernsehen NET berichtete über erste Festnahmen von rund zwei Dutzend verdächtig erscheinenden Jugendlichen.

Einige Demonstranten trugen Transparente mit dem Spruch "Frau Merkel - get out" ("Frau Merkel - hau ab"). Auch Plakate mit beleidigenden und diffamierenden Aufschriften waren zu sehen: "Raus aus unserem Land, du Schlampe" oder "Tochter Hitlers, raus aus Griechenland und kein Viertes Reich". Zwei Griechen fuhren in der Menschenmenge vor dem Parlament mit einem Geländefahrzeug vor. Sie hatten sich als Wehrmachtssoldaten verkleidet und riefen "Merkel raus".

lin/kmi/DPA DPA

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