Normalerweise reisen viele US-Amerikaner an diesem Donnerstag quer durchs Land um Thanksgiving mit Familie und Freunden zu verbringen. Traditionell gibt es ein riesiges Festessen, im Fernsehen läuft Football, und man genießt das verlängerte Wochenende in geselliger Runde. Normalerweise – aber in diesem Jahr ist nichts normal.
Trump suhlt sich weiter in seiner Opferrolle
Auch Donald Trump dürfte an seinem letzten Thanksgiving im Weißen Haus wenig Freude haben. Selbst bei der traditionellen Begnadigung der Truthähne – eines seiner Lieblingsevents als Präsident – steht er im Schatten seines Nachfolgers. Auf die Fragen der Reporter, ob er sich auch selbst begnadigen werde und ob er Biden bald einladen werde, verlässt Trump beleidigt die Bühne.
Während dem Präsidenten allmählich dämmert, dass er langsam, aber sicher nicht nur aus dem Weißen Haus, sondern auch aus dem Rampenlicht gedrängt wird, klammert er sich umso fester an seinen letzten Strohhalm: die Rolle als Opfer. Knapp drei Wochen nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse stellt Trump sich noch immer als der Geschädigte eines massiven Wahlbetrugs dar.
"Die Wahl wurde von den Demokraten verloren. Sie haben betrogen", sagt er bei einem Treffen republikanischer Senatoren in Pennsylvania am Mittwoch. Behauptungen, für die er nach wie vor keinerlei Beweise hat. "Alles, was wir brauchen, ist ein Richter, der uns richtig zuhört", beklagt Trump. Doch die Zahlen sprechen gegen ihn: Mittlerweile sind seine Anwälte mit mehr als 30 Klagen vor Gerichten gescheitert.
Biden: "Wir befinden uns im Krieg mit dem Virus, nicht miteinander"
Während der amtierende Präsident ganz auf eine Feiertagsansprache verzichtet, warnt Joe Biden in seiner Thanksgivings-Rede vor einem harten Winter – und versucht gleichzeitig, Zuversicht zu verbreiten. "Wir haben in diesem Kampf noch Monate vor uns", sagt Biden und fordert die Bürger angesichts des "dramatischen Anstiegs" der Neuinfektionen auf, die Anstrengungen zu verdoppeln.
"Wenn Sie auf unsere Geschichte zurückblicken, sehen Sie, dass die Seele unserer Nation unter den schwierigsten Umständen geschmiedet wurde", sagt der gewählte Präsident am Mittwoch in seinem Heimatort Wilmington, Delaware. Dennoch gebe es durch die guten Nachrichten über wirksame Impfstoffe "echte Hoffnung, greifbare Hoffnung".
Wie schon bei seinen vergangenen Auftritten ruft Biden die Amerikaner zur Einheit auf: "Ich weiß, dass das Land des Kampfes müde geworden ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns im Krieg mit dem Virus befinden, nicht miteinander, nicht untereinander."

Thanksgiving – das nächste Superspreading-Event?
Doch je näher das Feiertagswochenende rückt, desto größer wird die Sorge, dass Thanksgiving zum nächsten Superspreading-Event werden könnte. Ein Blick auf den Nachbarn Kanada genügt, um zu wissen, dass diese Angst begründet ist.
Anlässlich der Feiertage appelliert der gewählte Präsident daher an die Bürger auf Reisen und große Familienfeiern zu verzichten. "Ich weiß, wie schwierig es ist, auf Familientraditionen zu verzichten, aber es ist so wichtig", sagt er.
Biden warnt eindringlich, dass die Neuinfektionen rasant steigen und das Gesundheitswesen bald überlastet werden könnte. Jeder Amerikaner müsse daher seinen Beitrag leisten – indem Masken getragen, Abstandsregeln eingehalten und Menschenmengen gemieden werden. Allein in der vergangenen Woche wurden in den USA mehr als 1,2 Millionen Fälle identifiziert und das Land ist auf dem besten Wege in den nächsten Tagen die 13-Millionen-Marke zu knacken.
Weitere Quellen: "The NY Times", "CNN", "The Guardian"