Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro will das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr womöglich nicht akzeptieren – es sei denn, das elektronische Wahlsystem werde reformiert. "Wenn diese Methode beibehalten wird, werden sie Probleme haben", sagte Bolsonaro in einem Radiointerview, über das die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. "Denn eine Seite, nämlich unsere Seite, wird das Ergebnis vielleicht nicht akzeptieren."
Brasiliens Präsident sät Zweifel an Wahl
Nach Bolsonaros Vorstellungen soll das elektronische Wahlsystem, das Stimmen über Computer erfasst, durch gedruckte Wahlzettel ersetzt werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf habe im Kongress aber bislang keinen großen Anklag gefunden, so Reuters.
Das Lager des rechtsextremen Präsidenten streut seit Längerem Zweifel an dem System, das als sicher gilt und im Jahr 2000 eingeführt wurde – etwa, um die Stimmenabgabe in unterschiedlichen Zeitzonen zu vereinfachen und barrierefreier zu machen. Angeblich sei das aktuelle System anfällig für Manipulationen und Betrug. Beweise dafür bleibt Bolsonaro bislang schuldig.
Seine Äußerungen befeuern die Sorge, er könnte in die Fußstapfen des früheren US-Präsidenten Donald Trump treten. Dieser behauptet bis heute, dass ihm die Wahl "gestohlen" worden sei und es massiven Wahlbetrug gegeben habe – Belege dafür gibt es nicht, mehrere Gerichte wiesen entsprechende Klagen ab.
Bolsonaro verteidigte seinerzeit Trumps Wahl-Märchen, das am 6. Januar in einem gewalttätigen Aufstand am US-Kapitol kulminierte – und schürte Bedenken, dass es bei der Wahl 2022 in Brasilien zu ähnlichen Szenen wie in Washington kommen könnte. Aufgrund des elektronischen Wahlsystems gebe es auch in Brasilien "Betrug", sagte er. Schon damals forderte er eine Rückkehr zur traditionellen Papierwahl.
Ähnlich wie Trump scheint Bolsonaro die Legitimität der bevorstehenden Wahlen in Zweifel ziehen zu wollen. In Umfragen liegt er derzeit hinter dem früheren Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Bolsonaro hatte im Zuge der Coronakrise, die das Land schwer getroffen hat, an Popularität eingebüßt. Mehr als 500.000 Menschen sind bislang an und mit einer Covid-19-Infektion gestorben. Viele machen sein Krisenmanagement dafür verantwortlich. Bolsonaro hat die Gefahr durch das Coronavirus immer wieder kleingeredet.
Bolsonaro gibt sich unbeeindruckt von Korruptionsermittlungen
Darüber hinaus belasten den Präsidenten Korruptionsvorwürfe. Bolsonaro zeigte sich zuletzt unbeeindruckt von den Ermittlungen. "Ich scheiß' auf den Untersuchungsausschuss. Ich werde nicht antworten", sagte er am Donnerstag in einer Videobotschaft. "Ich werde auf diese Leute in keiner Weise reagieren, es geht ihnen nicht um die Wahrheit, sondern nur darum, die Regierung zu zermürben."
Brasiliens Staatschef soll laut einer Klage von drei Senatoren über ein "gigantisches Korruptionssystem" im Gesundheitsministerium informiert gewesen sein, aber nichts dagegen unternommen haben. Es geht um Korruption im Zusammenhang mit einem Vertrag über den in Indien hergestellten Corona-Impfstoff Covaxin im Wert von umgerechnet rund 250 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte deswegen Vorermittlungen gegen den Präsidenten eingeleitet. Außerdem befasst sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit der Angelegenheit.
Quellen:Reuters, n-tv, "Der Spiegel", mit Material der Nachrichtenagentur AFP