Die Inszenierung Der Putin-Auftritt: Die Uhren seiner Minister deuten auf aufgezeichnete Show hin

Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu (l. vorne) und Außenminister Sergei Lawrow (r. vorne) blättern in Dokumenten
Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu (l. vorne) und Außenminister Sergei Lawrow (r. vorne) beim Treffen des nationalen Sicherheitsrats 
© Alexei Nikolsky / Picture Alliance
Wladimir Putin liebt die Machtdemonstration. Bei seinen Auftritten spielt die Inszenierung eine große Rolle. Das gilt auch für das Treffen des Sicherheitsrats am Montag. Da gibt es Ungereimtheiten. 

Putin sitzt hinter einem Tisch vor Säulen und einer Fahne. Die anderen Mitglieder des nationalen Sicherheitsrats kommen ohne Tisch aus, sie sitzen auf Stühlen in einer gewissen Entfernung zum Präsidenten. Der Kreml ist prunkvolle Kulisse dieser Inszenierung, in der Putin einmal mehr seine Macht ausstellt und folgenschwere Entscheidungen trifft. Er hatte das Treffen am Montag einberufen angesichts der Gefechte in der ostukrainischen Region Donbass. Weltweit verfolgten Menschen die Szenen. Früh kamen in den sozialen Medien Zweifel an ihrem Live-Charakter auf. 

Die Sitzung des nationalen Sicherheitsrates Russlands strahlte das Staatsfernsehen ab etwa 17 Uhr Moskauer Zeit als angebliche Live-Übertragung aus. Es gibt Hinweise darauf, dass sie vorab aufgezeichnet worden sein könnte. Ein Blick auf die Armbanduhren deutet auf Ungereimtheiten hin. Die Uhren von Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Außenminister Sergei Lawrow zeigen 11.45 Uhr an. Die von anderen Teilnehmern Zeiträume zwischen 12 Uhr und 13 Uhr. 

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Putin selbst hat seine Uhr zeitweise abgelegt. Als er das Dekret über die Anerkennung der selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk unterzeichnet, trägt er sie. Auf den Fernsehbildern aus dem Kreml ist Putins Armbanduhr zu sehen, deren Stundenzeiger auf der Drei steht. Gesendet wurden die Aufnahmen im russischen Staatsfernsehen jedoch erst ab etwa 22.35 Uhr Moskauer Zeit.

Video von Wladimir Putin und Sicherheitsrat weckt Zweifel an Zeitpunkt

Zuvor war Putin dort bei einer Fernsehansprache zu sehen. Zudem ist mindestens eine Sequenz in der Übertragung doppelt zu sehen: Sie zeigt unter anderem Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin als Zuhörer. Der identische Ausschnitt taucht als sogenanntes Schnittbild im Abstand von rund 20 Minuten zweimal auf.

Ukraine-Krise: Russlands Präsident Wladimir Putin hält seine Rede
Wladimir Putin wandte sich in einer rund einstündigen Rede im Staatsfernsehen an sein Volk
© Alexey Nikolsky/Sputnik/ / AFP
Hat Putin mit seiner Rede die Welt neu geordnet? stern-Expertin zur Strategie Russlands

Die Hinweise im Video wecken Zweifel daran, dass Putin eine Entscheidung zur Anerkennung der "Volksrepubliken" als unabhängige Staaten erst nach der Sitzung des Sicherheitsrats traf. Gegen Ende der angeblichen Live-Übertragung am frühen Abend hatte Putin eine solche Entscheidung lediglich angekündigt, sie könnte zu diesem Zeitpunkt aber längst gefallen sein. Am Montag hatte Putin per Dekret auch die Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine angewiesen.

Die Uhr von Leonid Pasetschnik, Anführer der separatistischen Region Luhansk, zeigt 10.17 Uhr an
Leonid Pasetschnik, Anführer der separatistischen Region Luhansk, beim Treffen des nationalen Sicherheitsrats. Laut seiner Armbanduhr ist es 10.17 Uhr
© Kremlin Press Office / Handout / Picture Alliance

Auch Denis Puschilin und und Leonid Pasetschnik, die Anführer der separatistischen Regionen Donezk und Luhansk, tragen Armbanduhren, als sie die Dekrete unterzeichnen. Ihre Uhren gegen 10.15 Uhr und 10.17 Uhr an. 

Auf Nachfragen von Reportern bestätigte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag laut der Agentur Interfax, dass es sich bei den Übertragungen um Aufzeichnungen gehandelt habe. Auf der Internetseite des russischen Staatsfernsehens wird der Mitschnitt der Sicherheitsratssitzung hingegen weiter als Live-Übertragung bezeichnet. 

Quellen: Twitter, "Merkur", mit Material der dpa

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