Proteste in den USA Trump macht Antifa für Unruhen verantwortlich – doch Heimatschutz findet dafür keine Beweise

Soldaten gehen mit Demonstranten auf die Knie
© AFP
Sehen Sie im Video: Proteste gegen Rassismus in den USA– Soldaten knien mit Demonstranten gegen Rassismus




Es ist ein Zeichen der Verbundenheit in einer Zeit, in der die Wut Zehntausende US-Amerikaner auf die Straße treibt. 


In Los Angeles knien Soldaten zusammen mit Demonstranten, um an George Floyd zu gedenken und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.  


Der Tod des Mannes hat eine Welle von Protesten gegen Polzeigewalt und Rassismus ausgelöst, die die USA seit fast einer Woche in Bann hält. Auf den Demos knien die Menschen: Seitdem NFL-Spieler Colin Kaepernick bei einem Spiel aus Protest gegen Rassimus im US-Justizsystem auf die Knie gingen, ist es ein Zeichen gegen Rassismus. Die Demonstranten gedenken und beten so für Floyd und andere Opfer rassistischer Gewalt. Und sie setzen ein Zeichen für einen friedlichen Protest. 


Und auch Polizisten, die die Demonstrationen überwachen, schließen sich ihnen in Staaten wie Florida oder Kalifornien an. 


Während der größtenteils friedlichen Proteste kam es in einigen Metropolen auch zu Gewalt und Plünderungen. Um die Polizei zu unterstützen, sind deshalb auch 17.000 Soldaten der Nationalgarde im Einsatz. 


Die Szene in Kalifornien ereignet sich, als die US-Schauspielerin Keke Palmer am Rande einer Demo die Soldaten anspricht. Sie fordert die Uniformierten auf, sich den Demonstranten anzuschließen.  


"Wir haben gerade einen Präsidenten, der versucht, einen Rassenkrieg zu entzünden. Hier gibt es Menschen, die eure Hilfe brauchen. Jetzt gehört es sich, der Gemeinschaft und unserer Gesellschaft beizustehen, um die Unterdrückung der Regierung zu stoppen. Punkt. Wir brauchen euch."  


Daraufhin reicht der Nationalgardist ihr die Hand. Als die Demonstranten die Männer darum bitten, gehen die Einsatzkräfte auf die Knie und drücken damit ihre Verbundenheit aus. Ein Zeichen, dass auch Hoffnung für die Zukunft der Anti-Rassismus-Proteste und für ein gemeinschaftliches Umdenken.
Wer treibt die teils gewalttätigen Unruhen bei den Protesten in den USA voran? Donald Trump beschuldigt Linksextremisten, vor allem die Antifa. Ein offizielles Papier widerspricht dem nun im Wesentlichen.

Die Schuldigen für die Gewalt bei den landesweiten Protesten nach dem durch einen brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis verursachten Tod des Afroamerikaners George Floyd waren im Weißen Haus schnell ausgemacht. Es seien "die vor allem von der Antifa angeführten Anarchisten", die Chaos und Unruhen stifteten, machte Donald Trump schon am vergangenen Sonntag die autonome antifaschistische Bewegung verantwortlich. Via Twitter erklärte der US-Präsident: "Die Vereinigten Staaten werden die Antifa in die Kategorie der terroristischen Organisationen einordnen." Belege für seine Auffassung nannte Trump nicht. Erkenntnisse des Heimatschutzes zeigen nun, dass Beweise für eine extremistisch motivierte Gewalt bei den Protesten auch nicht vorliegen.

Das Heimatschutzministerium (DHS) kommt nach ersten Ermittlungen vielmehr zu der Einschätzung, dass gewaltbereite Unorganisierte die Gelegenheit der Proteste nutzen würden, um Chaos zu verbreiten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters jetzt berichtet, geht dies aus einer internen geheimdienstlichen Bewertung des DHS hervor, die Reuters-Mitarbeiter nach eigenen Angaben am vergangenen Montag in Teilen einsehen konnten. Der größte Teil der Gewalt gehe von "Opportunisten" aus, heißt es da den Angaben zufolge. Ob an einer anderen Stelle des Berichts näher auf Taktiken gewaltbereiter links- oder rechtsextremer Gruppierungen eingegangen werde, konnte Reuters nach eigenen Angaben nicht überprüfen.

Proteste in den USA: stern-Korrespondent Nicolas Büchse berichtet aus New York City.
Proteste in den USA: stern-Korrespondent Nicolas Büchse berichtet aus New York City.
© AP / stern.de
Rassismus, Ungerechtigkeit und Polizeigewalt – stern-Korrespondent berichtet aus New York

Donald Trump bleibt bisher bei Vorwurf gegen Antifa

Im Gesamtbild geht der Heimatschutz davon aus, dass Antifa-Gruppen möglicherweise zur Gewalt beitragen – dies hätten einige lokale Polizeibehörden öffentlich erklärt –, jedoch gebe es insgesamt keine spezifischen Beweise für extremistisch motivierte Gewalt bei den Ausschreitungen. Dies gelte auch für rechte Extremisten, wie etwa "White Supremacists", berichtet Reuters weiter. Allerdings führe das Heimatschutzministerium in dem Bericht Erkenntnisse darüber auf, dass weiße rassistische Gruppierungen online daran arbeiteten, Spannungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften zu verstärken. Dazu gehöre, Gewaltakte gegen beide Seiten zu fordern. Laut einem CNN-Bericht gaben sich White Supremacists auf Twitter mindestens einmal auch als "Antifa" aus, um Gewaltbotschaften zu verbreiten. Der Kurznachrichtendienst sperrte den entsprechenden Account.

Laut Reuters wollten werde das Weiße Haus noch das US-Justizministerium zu den Erkenntnissen des DHS Stellung nehmen. In den vergangenen Tagen hatten trotz fehlender Belege Trump-treue Republikaner immer wieder die Antifa beschuldigt, für die gewalttätigen Unruhen verantwortlich zu sein – darunter der Texanische Senator Ted Cruz oder Trumps Sohn Donald Jr. Einen Sprecher des Heimatschutzministeriums zitiert Reuters mit den Worten, das Ministerium werde "die Verantwortlichen für die Unruhen zur Rechenschaft ziehen." Zur geheimdienstlichen Bewertung der Unruhen äußerte sich der Sprecher den Angaben zufolge nicht.

dho