"Es ist keine Raketenwissenschaft" Donald Trump bald vor Gericht? Jury in Georgia empfiehlt Anklagen wegen Beeinflussung der Wahl 2020

Er will wieder ins Weiße Haus: Ex-US-Präsident Donald Trump
Er will wieder ins Weiße Haus: Ex-US-Präsident Donald Trump
© Logan Cyrus / AFP
Im Wahlkampf für 2024 wird Donald Trump von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt. Bei Ermittlungen gegen den Ex-Präsident und seine Verbündeten in Georgia empfiehlt die Jury nun mehrere Anklagen wegen Wahlbeeinflussung.

Es ist schon jetzt das berühmteste Telefonat von Donald Trump und könnte das mit Abstand folgenreichste für ihn werden. Kurz nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen ruft der Ex-Präsident am 2. Januar 2021 Georgias Wahlleiter Brad Raffensperger an und fordert ihn auf, die für seinen Sieg nötigen Wählerstimmen zu "finden". "Ich will einfach 11.780 Stimmen finden", sagte Trump laut einer veröffentlichten Aufzeichnung des Gesprächs. 

Dieser eine Satz könnte für den Mann, der 2024 wieder ins Weiße Haus einziehen will, nun zum Verhängnis werden.

Eine Grand Jury, die in Georgia monatelang zu einer möglichen Wahlbeeinflussung durch Trump und seine Verbündeten ermittelt hatte, gab am Dienstag die Empfehlung ab, mehrere Personen anzuklagen. Wem genau eine Anklage droht, ließ die Chef-Jurorin Emily Kohrs zwar offen, verkündete aber, dass es "keine kurze Liste" sei. "Es sind mit Sicherheit Namen darunter, die Sie auf jeden Fall kennen. Es sind aber auch Namen, die sie vermutlich nicht kennen."

Jury in Georgia ermittelte monatelang

Im Kern drehen sich die Ermittlungen in Georgia um mehrere Versuche aus dem Trump-Lager, die Auszählung von Wählerstimmen nach der Präsidentschaftswahl 2020 zu beeinflussen. Dabei geht es nicht nur um das Verhalten des Ex-Präsidenten, sondern auch um das Auftreten von falschen Wahlmännern in Georgia, Versuche, zu Wahlmaschinen vorzudringen, sowie Bedrohungen von Wahlmitarbeitern. In dem entscheidenden Bundesstaat war das Rennen besonders eng: Der republikanische Amtsinhaber lag nur knapp 12.000 Stimmen hinter seinem Herausforderer Joe Biden. Genauer gesagt 11.780, wie die Öffentlichkeit nach Bekanntwerden des Aufsehen erregenden Telefonats zwischen Trump und Raffensberger erfuhr.

Die Justiz in Georgia nahm daraufhin umgehend Ermittlungen wegen möglicher Wahlbeeinflussung auf. Dafür wurde eine sogenannte Special Grand Jury einberufen – ein aus Bürgern zusammengesetztes Ermittlungsgremium, das unter anderem Zeugen vorladen konnte. Fast sieben Monate lang tagte die Sonderjury in einem Gerichtsgebäude in der Innenstadt von Atlanta und hörte Aussagen von insgesamt 70 Zeugen. Unter den Befragten waren auch Trumps früherer Privatanwalt Rudy Giuliani und sein einstiger Stabschef Mark Meadows, nicht aber der Ex-Präsident selbst.

Ein kleiner Teil des Abschlussberichtes der Ermittlungen in Georgia war bereits in der vergangenen Woche veröffentlicht worden. Demnach kam die Grand Jury einstimmig zu dem Schluss, dass es bei der Wahl in dem Südstaat keinen großflächigen Betrug gegeben habe, der den Ausgang der Wahl verändert hätte.

Auf die Frage von Reportern, ob die Geschworenen empfohlen hätten, Trump anzuklagen, gab die Jury-Vorsitzende Kohrs eine kryptische Antwort: "Sie werden nicht schockiert sein. Es ist keine Raketenwissenschaft", sagte sie und fügte hinzu: "Sie werden nicht allzu überrascht sein."

Ermittlungen kommen für Donald Trump zu ungünstigem Zeitpunkt

Für Trump, der im November seine erneute Kandidatur verkündet hat, kommen die Ermittlungen in Georgia zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Zumal sie längst nicht die einzigen sind:

  • Das Justizministerium ermittelt gleich in zwei Fällen gegen den Ex-Präsidenten: Zum einen wird Trumps Rolle beim Sturms aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 genau unter die Lupe genommen. Zum anderen ermittelt das Ministerium wegen Entwendung geheimer Staatsakten aus dem Weißen Haus sowohl gegen US-Präsident Biden als auch gegen seinen Vorgänger Trump.
  • Auch in New York laufen zwei Verfahren, bei denen die Trump Organization im Fadenkreuz ist: Das eine ist ein weitreichendes Zivilverfahren gegen Trump und drei seiner erwachsenen Kinder, das für ihn große finanzielle Kosten bedeuten könnte. Das andere ist ein enger gefasster Strafprozess gegen seinen Konzern.
  • Und auch in der Affäre um Schweigegeldzahlungen an Pornostar Stormy Daniels gibt es Neuigkeiten: In den seit vier Jahren laufenden Ermittlungen hat der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan nun plötzlich eine Grand Jury ins Leben gerufen. Ein Anzeichen, dass sich die Beweislast gegen den Ex-Präsidenten vergrößert.

Grand Jury hält sich vorerst bedeckt

Mit Blick auf die neuesten Entwicklungen in Georgia hält sich die Vorsitzende des Ermittlungsgremiums vorerst bedeckt. "Ich kann Ihnen sagen, dass es keine große Wendungen geben wird, wenn der Richter die Empfehlungen [der Jury] veröffentlicht", berichtet Kohrs der "Associated Press". "Wahrscheinlich haben Sie eine ungefähre Vorstellung davon, was da drin sein könnte. Ich bemühe mich sehr, das vorsichtig auszudrücken."

Die Special Grand Jury selbst hat jedoch keine Anklagebefugnisse. Ob und für wen es zu einer Anklage kommt, liegt nun in den Händen der ermittelnden Staatsanwältin Fani Willis. Diese dürfte die Empfehlungen zunächst einer anderen Grand Jury vorlegen, bevor sie ihre Entscheidung verkündet.

Fest steht, sollte der Name "Donald Trump" auf der Liste stehen, könnte es für den Ex-Präsidenten im Wahlkampf ganz schön ungemütlich werden.

Quellen: "AP", "NY Times", "Washington Post", mit AFP