US-Präsident und Russland-Kontakte Trumps schlimmster Tag: "Das Netz zieht sich zu"

Donald Trump
Donald Trump: "Noch nie war der Posten des mächtigsten Mannes der westlichen Welt besetzt mit jemandem, der so leichtfertig mit der Würde anderer Menschen umgeht"
© Bill Pugliano/Getty Images/AFP
Mächtig Gegenwind für Donald Trump: Das FBI widerspricht seinen Vorwürfen gegen Barack Obama, ermittelt stattdessen gegen die Berater des Präsidenten wegen ihrer Russland-Kontakte. Die Medien sehen selbst für Trumps Verhältnisse eine neue Dimension erreicht.

Das Weiße Haus nimmt die Abhörvorwürfe gegen Barack Obama nicht zurück. US-Präsident Donald Trumps Sprecher Sean Spicer sagte, die Aussage von FBI-Chef James Comey, er habe keine Erkenntnisse über ein solches Abhören, habe nichts an der Lage geändert. Es handle sich nur um eine erste Anhörung, und es sei noch ein weiter Weg zu gehen. Comey äußerte sich in einer Kongressanhörung und bestätigte, dass das FBI wegen möglicher Verbindungen des Trump-Wahlkampfteams mit Russland ermittle. Spicer sagte, Ermittlungen und Beweise seien nicht dasselbe.

In den Medien werden die unbeirrbaren Verschwörungstheorien des Weißen Hauses und die Dreistigkeit, mit der diese kommuniziert werden, jetzt mit zunehmender Fassungslosigkeit aufgenommen. Mit dem gestrigen Tag sei selbst für Trumps Verhältnisse eine neue Dimension erreicht worden.

Donald Trump: "Letzte Glaubwürdigkeit implodiert"

"Süddeutsche Zeitung": "Die all dieses überwölbende Frage, auf welche die Geheimdienstausschüsse ursprünglich einmal eine Antwort finden sollten, ist aber diese: Hat Russland durch eine konzertierte Sabotageaktion versucht, die Wahl 2016 zu beeinflussen und Donald Trump zum US-Präsidenten zu machen? Die amerikanischen Geheimdienste sind überzeugt, dass dies der Fall war. Nach ihren Erkenntnissen hat Moskau die E-Mail-Konten prominenter Demokraten hacken lassen und all jenes Material an die Internetseite Wikileaks weitergereicht, das peinlich für Trumps demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton war. Eine Aktion mit solch hohem politischen Risiko und von solcher Tragweite könne eigentlich nur von Präsident Putin angeordnet worden sein, so das Fazit der US-Dienste."

Die Stimmung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump war offensichtlich nicht die beste
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© Michael Kappeler/DPA
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"Der Spiegel": "Und so implodierte, mit den nüchternen Worten dieser zwei hochrangigen Agenten, die letzte Glaubwürdigkeit, die Trump noch für sich beanspruchen konnte. Wobei ein anderes, nicht minder explosives Ergebnis ihrer Doppelaussage fast unterging: Erstmals bestätigte Comey offiziell, dass die US-Bundespolizei gegen Trumps damaliges Wahlkampfteam ermittelt - wegen Absprachen mit Russland. Klartext: Das Netz zieht sich zu - und Trumps Leute sitzen mittendrin."

"Weser-Kurier": "Die Russland-Affäre stinkt zum Himmel. Wer nach der Anhörung des FBI-Direktors vor dem Geheimdienst-Ausschuss noch immer an wundersame Zufälle glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Zumal James Comey öffentlich Ermittlungen gegen Vertraute des Präsidenten bestätigt hat. Trump kann Fakten nicht aus der Welt twittern. Seine republikanischen Verbündeten im Kongress tun sich und dem Land mit ihren Ablenkungsmanövern keinen Gefallen. Comey stellte unmissverständlich klar, dass es genügend Anhaltspunkte gibt zu prüfen, ob Mitglieder des Trump-Wahlkampfteams mit Russland gemeinsame Sache gegen Hillary Clinton gemacht haben. Es geht um Hochverrat. Trump musste seinen Sicherheitsberater Michael Flynn bereits ziehen lassen, weil dieser sowohl Zahlungen aus Russland als auch der Türkei erhielt. Knapp dürfte es nun auch für einige Andere werden. Die Ermittlungen des FBI haben das Potenzial, diese Präsidentschaft in ein schweres Fahrwasser zu bringen. Dass Comey zudem Trumps Behauptungen eines von Obama angeordneten Lauschangriffs entkräftet, nimmt dem Amtsinhaber den letzten Rest an Glaubwürdigkeit."

"Das abgrundtief Skandalöse verkannt"

"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Noch nie war der Posten des mächtigsten Mannes der westlichen Welt besetzt mit jemandem, der so leichtfertig mit der Würde anderer Menschen, ja der Würde der gesamten Nation umgeht. Donald Trump hat das abgrundtief Skandalöse verkannt, das in seinen Behauptungen liegt. Entweder stimmt der Vorwurf, sein Vorgänger habe ihn abhören lassen - dann würde sich das Bild Barack Obamas nachhaltig eintrüben. Oder seine Vorwürfe stimmen nicht - dann hat Trump mit falschen Verdächtigungen hantiert. Ein Mann, der so etwas wider besseres Wissen tut, gehört nicht ins Weiße Haus."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Unterm Strich bleiben also vor allem zwei Erkenntnisse: Die Frage, ob es eine wie auch immer genau geartete Zusammenarbeit zwischen Russland und Trumps Team gegeben hat, ist noch nicht abschließend beantwortet. Die Frage, ob Trump von seinem Vorgänger bespitzelt wurde, allerdings sehr wohl. Weil an den Vorwürfen offenkundig nichts dran sei, müsse Trump jetzt Obama um Entschuldigung bitten, fordern selbst immer mehr Republikaner."

tim