In der Affäre um den Umgang von Donald Trump mit streng geheimen Unterlagen wächst der Druck auf den Ex-Präsidenten. Das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständige Nationalarchiv habe Trump darüber informiert, dass es dem Sonderermittler Jack Smith 16 Akten übergeben werde, die zeigen, dass der Republikaner und seine Top-Berater während seiner Amtszeit Kenntnis von der korrekten Freigabe von Dokumenten hatten, berichtet der US-Sender CNN unter Berufung auf mehrere ungenannte Quellen.
"Die 16 fraglichen Aufzeichnungen spiegeln die Kommunikation enger Präsidentenberater wider, teilweise mit Ihnen persönlich, und zwar in Bezug auf die Frage, ob, warum und wie Sie bestimmte Verschlusssachen freigeben sollten", zitiert CNN aus einem Schreiben der Archivarin Debra Steidel Wall vom 16. Mai an Trump.
Sonderermittler prüft Strafverfahren gegen Donald Trump
Die Bundespolizei FBI hatte im August 2022 Trumps Anwesen in Florida durchsucht und dort etwa 100 teilweise streng geheime Dokumente gefunden, die der Ex-Präsident und seinTeam trotz Aufforderung nicht ans Nationalarchiv zurückgegeben hatten. Der vom US-Justizministerium ernannte Sonderermittler Smith versucht festzustellen, wie es dazu kam, dass sich diese Papiere noch in Mar-a-Lago befanden. Er untersucht, ob Trump Maßnahmen ergriff oder anordnete, um die Bemühungen der Regierung zur Sicherstellung aller sensiblen Unterlagen zu unterlaufen und ob es genügend Beweise gibt, ihn wegen Behinderung der Justiz anzuklagen.
Zu Trumps Verteidigungsstrategie in dem Fall gehört die Behauptung, er habe als Präsident kein bestimmtes Verfahren zur Freigabe von Dokumenten einhalten müssen. Der 76-Jährige hat wiederholt erklärt, er habe alle klassifizierten Dokumente automatisch freigeben können und sogar die Macht gehabt, dies mit seinen Gedanken zu tun. Erst vergangene Woche verkündete der Republikaner in einer von CNN veranstalteten Bürgerbefragung im Bundesstaat New Hampshire, dass "sie automatisch freigegeben werden, wenn ich sie mitnehme".
Die nun von Wall angekündigten Akten könnten Trumps Argumentation untergraben und wichtige Beweise dafür liefern, dass der damalige Präsident sich des vorgeschriebenen Freigabeprozesses bewusst war. Sie könnten laut CNN auch Aufschluss über Trumps Absichten geben und zeigen, ob er die Vorschriften zur Deklassifizierung vorsätzlich missachtete, obwohl er sie kannte.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
"Es war nie eine rechtlich ernstzunehmende Behauptung, dass Donald Trump Dokumente ohne Verfahren freigeben könnte, wann immer er wollte", kommentierte Noah Bookbinder, ehemaliger Bundesstaatsanwalt und Präsident der Demokratiewächter Citizens for Responsibility and Ethics in Washington, die CNN-Meldung auf Twitter. "Aber Berichte, dass Staatsanwälte Dokumente erhalten haben, die zeigen, dass Trump und seine Berater das tatsächliche Verfahren gut kannten, könnten sehr schädlich sein."
Und der frühere Bundesstaatsanwalt und Kolumnist des US-Magazins "Politico", Renato Mariotti, twitterte: "Jack Smith zielt direkt auf Trumps Verteidigung der 'Deklassifizierung durch bloße Gedanken'. Er hat Aufzeichnungen erhalten, die zeigen, dass Trumps enge Berater über den Freigabeprozess informiert waren." Wenn man den Geschworenen das tatsächlich erforderliche Verfahren zeige, werde es für Trump schwieriger, diese Verteidigungsstrategie zu verwenden.
In dem Schreiben des Nationalarchivs heißt es nach Angaben von CNN, dass die Behörde die Dokumente bis zum 24. Mai an Smith aushändigen werde, "sofern dies nicht durch eine gerichtliche Anordnung untersagt wird". Elie Honig, Rechtsexperte des Senders, hält es für "sehr wahrscheinlich, dass Trump dies vor Gericht anfechten wird, und sehr unwahrscheinlich, dass er sich durchsetzt".
Trump habe wiederholt versucht, Zeugenaussagen und die Übergabe von Dokumenten unter Berufung auf das Exekutivprivileg des US-Präsidenten vor Gericht zu blockieren und "alle diese Fälle verloren", sagte Honig. "Seine Bilanz ist im Grunde genommen null Siege in Bezug auf das Exekutivprivileg, alles Niederlagen. Und wenn er dies anficht, wird er einen weiteren Fall in der Niederlagenspalte haben."