Seit seiner Abwahl vor über einem Jahr flirtet Donald Trump mit einer erneuten Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024, doch dass er tatsächlich antreten wird hat er noch nicht erklärt. Trotzdem erwartet der ehemalige US-Präsident von möglichen innerparteilichen Konkurrentinnen und Konkurrenten, ihm im Rennen ums Weiße Haus gegebenenfalls den Vortritt zu lassen – und das auch öffentlich zu bekunden. Einer dieser möglichen Konkurrenten ist Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Zwar hat auch DeSantis bislang keinen Anspruch auf die Präsidentschaft angemeldet, dennoch ist er einer der meistdiskutierten Parteiführer der Republikaner im Zusammenhang mit den Wahlen im übernächsten Jahr.
"DeSantis ist ein Favorit der republikanischen Wähler, wenn die Meinungsforscher Trump aus dem hypothetischen Kandidatenfeld für 2024 herausnehmen", schreibt die US-Nachrichtenseite "Axios". "DeSantis wäre ein hervorragender Kandidat für 2024, sollte Trump nicht antreten", twitterte der republikanische Großspender Dan Eberhart an diesem Dienstag. "Er ist wie Trump, aber ein bisschen klüger, disziplinierter und schroff, ohne zu schroff zu sein."
Donald Trump soll seit Monaten über DeSantis herziehen
Trump macht DeSantis' wachsende Popularität in den Reihen der Republikaner offenbar nervös. Denn anders als viele andere hat der Gouverneur es bislang abgelehnt, eine Kandidatur 2024 öffentlich auszuschließen, falls der Ex-Präsident eine weitere vierjährige Amtszeit anstrebt. "Ich frage mich, warum der Kerl nicht sagt, dass er nicht gegen mich kandidieren wird", beklagte sich Trump laut "New York Times" bereits bei mehreren Mitarbeitern und Beratern. Seit Monaten murre der 75-Jährige vor Freunden und Besuchern seiner Residenz in Palm Beach leise über DeSantis, weil dieser sich nicht wie ein Gefolgsmann verhalte.
Trump habe DeSantis bei mehreren Gelegenheiten in privaten Äußerungen kritisiert, schreibt auch "Axios". Der Ex-Präsident verunglimpfe den Gouverneur unter vier Augen als "undankbaren Menschen" und als Politiker "ohne persönliches Charisma" und mit einer "langweiligen Persönlichkeit", der keine realistische Chance habe, ihn in einem möglichen Kräftemessen 2024 zu besiegen, zitiert die Nachrichtenseite Quellen, die kürzlich mit dem ehemaligen Präsidenten über den Gouverneur von Florida gesprochen hätten. Zugleich betone Trump, dass er sich keine Sorgen über den Gouverneur als möglichen Rivalen für 2024 mache.
"Wenn ich gegen ihn antreten würde, würde ich ihn schlagen, wie ich jeden anderen schlagen würde", gab sich der Ex-Präsident im vergangenen Oktober gegenüber Yahoo News selbstbewusst und fügte hinzu, dass er nicht erwarte, dass DeSantis am Ende gegen ihn kandidiere: "Ich denke, die meisten Leute würden aufgeben, ich denke, er würde aufgeben."
Der "New York Times" zufolge ist Trump besonders sauer auf DeSantis, weil er glaubt, dass seine frühe Unterstützung dem zuvor noch wenig bekannten Kongressabgeordneten aus Florida 2018 das Gouverneursamt überhaupt erst gesichert hat. "Sehen Sie, ich habe Ron DeSantis auf einem Niveau geholfen, das niemand je zuvor gesehen hat", sagte der Ex-Präsident demnach in einem Interview. Ohne seine Hilfe hätte DeSantis "keine Chance gehabt" zu gewinnen.
DeSantis kritisiert Trumps Lockdown-Politik
Die Spannungen zwischen den beiden Spitzenkräften der Republikaner traten vergangene Woche offen zutage, nachdem DeSantis sich geweigert hatte, seine vollständige Corona-Impfgeschichte offenzulegen. In einem Interview mit dem rechten TV-Sender One America News erklärte Trump daraufhin, dass er selbst bereits geboostert sei und beschimpfte Parteikollegen und Parteikolleginnen, die sich nicht so wie er zu ihren Impfungen bekennen: Er habe ein paar Politiker gesehen, die geimpft seien und in Interviews gefragt wurden: "Sind sie geboostert?" Die Gefragten hätten sich um die Antwort herumgedrückt. "Sie wollen es nicht sagen, weil sie feige sind", kritisierte Trump in unverhohlener Anspielung auf DeSantis . "Man muss es sagen – ob man es ist oder nicht, sagt es!"
Die Antwort von DeSantis ließ nicht lange auf sich warten: In einem zwei Tage später veröffentlichten Interview mit dem konservativen Podcast "Ruthless" behauptete der Gouverneur zwar, die Reibungen zwischen ihm und Trump seien eine Erfindung der Medien. In demselben Gespräch verkündete er aber, einer seiner größten Fehler sei gewesen, dass er sich Trumps Lockdown-Aufrufen nicht energisch widersetzt habe, als sich das Coronavirus im Frühjahr 2020 in den USA auszubreiten begann.
Wenn er damals gewusst hätte, was er heute weiß, wäre er "viel lauter gewesen", sagte DeSantis. Aber er habe Anfang März 2020 nie gedacht, dass das Virus "zu einer Abriegelung des Landes führen würde". "Ich wusste es einfach nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass das auf dem Radar ist". Der Gouverneur war damals dem Weißen Haus gefolgt und hatte Schulen, Regierungsgebäude, Turnhallen, Bars und Restaurants in Florida schließen lassen und den Bürgern Floridas empfohlen, zu Hause zu bleiben.
Für Trumps Gegner sind die Auseinandersetzungen des Ex-Präsidenten mit dem Gouverneur ein gefundenes Fressen. Ann Coulter, eine rechtskonservative Kolumnistin und Kommentatorin, die sich mit Trump zerstritten hat, twitterte vergangenen Mittwoch: "Trump will wissen, welchen Booster-Status Ron DeSantis hat, und ich kann ihn jetzt verraten. Er war ein treuer Förderer [engl. booster, Anm. d. Red.], als Trump 2016 kandidierte, aber dann erfuhr er, dass unser Präsident ein Lügner und Betrüger ist, dessen Betrug von Dauer ist."

Und der "New York Times" schrieb sie in einer E-Mail, was der Aufstieg von DeSantis ihrer Ansicht nach über den früheren Präsidenten aussagt: "Trump ist erledigt", erklärte sie. "Ihr solltet aufhören, euch über ihn aufzuregen."
Quellen: "New York Times", National Public Radio, CNN, "Huffington Post", OAN, Yahoo News, Ann Coulter auf Twitter