Presseschau Trumps Äußerung zu Nato-Beistandspflicht: "Prahlerei", "Großmaul", "Wüterich"

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina
© Julia Nikhinson / AFP
Donald Trump ist offenbar bereit, die Verteidigung von Nato-Verbündeten aufzugeben, wie er jetzt im US-Vorwahlkampf sagte. Die nationale und internationale Presse reagiert ungewöhnlich deutlich.

Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump würde Nato-Partnern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, nach eigenen Angaben keinen Schutz vor Russland gewähren. Das machte der ehemalige US-Präsident bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat South Carolina deutlich.

Der ehemalige US-Präsident hatte bei dem Auftritt am Samstag gesagt, der "Präsident eines großen Landes" habe ihn einmal gefragt, ob die USA dieses Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er habe geantwortet: "Nein, ich würde Euch nicht beschützen." Vielmehr noch: Er würde Russland "sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen". Es war dabei unklar, ob es jemals so ein Gespräch zwischen Trump und einem Staatschef gegeben hat, denn der Republikaner sagte auch: "Nehmen wir an, das ist passiert." So reagiert die Presse darauf:

"Donald Trump spielt mit der Zukunft der Länder eurer Vorfahren!"

"Rzeczpospolita", Polen: "Ist in Trump noch etwas von dem Geschäftspragmatismus übrig, der ihn angeblich auszeichnete? Es wird immer schwieriger, das zu glauben, denn der Milliardär ließ außer Acht, dass alle Nato-Länder, die in der Nähe von Russland liegen, weit mehr als die empfohlenen zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, Polen sogar mehr als die USA. Es ist zu hoffen, dass Trumps Erklärungen von den amerikanischen Wählern polnischer, litauischer, lettischer, und finnischer Herkunft gehört werden. Ihnen muss geholfen werden, die richtigen Schlüsse zu ziehen, denn in mehreren Staaten können sie den Ausgang der Wahl beeinflussen. Amerikaner, Donald Trump spielt mit der Zukunft der Länder eurer Vorfahren!"

Die Republikaner im US-Senat blockieren indes ein Gesetzespaket für weitere Ukraine-Hilfen (Archivbild)
 Die Republikaner im US-Senat blockieren ein Gesetzespaket für weitere Ukraine-Hilfen
© RTL
Republikaner blockieren Ukraine-Hilfen – Korrespondent ordnet ein

Donald Trumps "verrückte Worte"

"Information", Dänemark: "Selbst an seinen eigenen Maßstäben für wilde Äußerungen gemessen, waren es verrückte Worte, die am Samstag aus Donald Trumps Mund kamen, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina gegen die Bündnispartner der USA in der Nato austeilte."

"Wall Street Journal", USA: "Abschreckung hängt von einer Kombination aus Gewalt und dem Willen ab, diese einzusetzen. Trumps Prahlerei, dass er einem Verbündeten nicht helfen würde, wird Zweifel unter unseren Alliierten säen und könnte Putin zu der Annahme verleiten, dass er mit einer weiteren Invasion davonkommen könnte. Putin hat praktisch gesagt, dass die baltischen Staaten rechtmäßig zu Russland gehören. Die USA sollten eine Wahldebatte über die wachsenden Gefahren für die Sicherheit der USA führen und darüber, wie man diesen begegnen kann. Stattdessen haben wir einen Amtsinhaber, der den Zusammenbruch der US-Abschreckung zu verantworten hat, und einen republikanischen Spitzenkandidaten, der für Diktatoren schwärmt. Kein Wunder, dass Putin dieser Tage so selbstbewusst wirkt."

"De Telegraaf", Niederlande: "Das Kernstück des Bündnisses ist Artikel 5 des Nato-Vertrages: Ein Angriff auf ein Land gilt demnach als Angriff auf alle Länder. Dies ist unabhängig von finanziellen Verpflichtungen. Trump glaubt, er könne sich über die kollektive Verteidigung der Nato hinwegsetzen, wenn ein Land nicht genug zahlt. Dass die mit der Mitgliedschaft verbundenen Pflichten erfüllt werden, liegt im Interesse der kollektiven Verteidigung. Aber Artikel 5 infrage zu stellen, gefährdet die Sicherheit des gesamten Bündnisses."

"Rhein-Neckar-Zeitung", Heidelberg: "Trumps Drohung, Nato-Staaten Putin zum Fraß vorzuwerfen, dürfte zwar seinem Hang zur Großmäuligkeit geschuldet sein, und weniger taktischen Überlegungen. Andere Ankündigungen – Rache an allen politischen Gegnern, Massenentlassungen in der Regierung – sollte man dagegen ernstnehmen. Die Wiederwahl Trumps hätte katastrophale Folgen für Europa und auch für die USA. Schon im Eigeninteresse sollten die Demokraten das Zugpferd wechseln, Biden in den verdienten Ruhestand schicken und mit einem anderen Team in den Wahlkampf ziehen – denn auch Vize Kamala Harris wird es dieses Mal nicht reißen."

"Augsburger Allgemeine", Augsburg: "Trump und seine fanatischen Mitstreiter sind lernfähig – leider. Der Wüterich und sein Team arbeiten seit Monaten im Hintergrund verbissen daran, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Trump im Falle eines Wahlsiegs gegen den 81-jährigen Amtsinhaber Joe Biden durchregieren kann. Das weckt die schlimmsten Befürchtungen – für die Bürgerinnen und Bürger der USA, aber auch für Europa und insbesondere Deutschland."

DPA
km

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