"Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung", heißt es. Ob das auch auf US-Präsident Donald Trump zutrifft? Der hatte in den vergangenen Tagen mit Kehrtwenden und einsichtigen Äußerungen für Überraschung gesorgt. So bedauert Trump nach seinen eigenen Worten manche seiner kontroversen Tweets und Retweets. Trump sagte dem Gründer der Webseite "Barstool Sports", Dave Portnoy, in einem am Freitag veröffentlichten Interview auf eine entsprechende Frage, es geschehe "zu oft", dass er aufwache und denke, er hätte etwas lieber nicht auf Twitter verbreiten sollen. "Früher schrieb man einen Brief und sagte: 'Dieser Brief ist wirklich schlecht'. Und man legte ihn auf den Schreibtisch, ging am nächsten Tag zurück und sagte: 'Oh, ich bin froh, dass ich das nicht abgeschickt habe'."
Donald Trump liebt Twitter. "Manchmal zu sehr"
Trump sagte weiter: "Aber das machen wir bei Twitter nicht." Stattdessen veröffentliche man Dinge dort sofort. Dann fühle man sich großartig, bis die Anrufe mit der Frage kämen, ob man das wirklich gesagt habe. "Ich sage: 'Was ist daran falsch?', und man findet viele Dinge." Trump fügte hinzu: "Es sind nicht die Tweets, es sind die Retweets, die einen in Schwierigkeiten bringen." Auf die Frage, ob er Twitter liebe, sagte der Präsident: "Es gibt Zeiten, da liebe ich es. Manchmal zu sehr." Trump sagte, Twitter verleihe ihm eine mächtige Stimme und sei für ihn sehr wichtig. Seine Tweets und Retweets sorgen immer wieder für Kontroversen.
So war Trump beispielsweise Ende vergangenen Monats in die Kritik geraten, als er ein Video aus Florida retweetete, bei dem einer seiner Unterstützer "White Power" rief – im Kontrast zur "Black Power"-Bewegung gegen die Diskriminierung von Schwarzen. Dazu hatte Trump "großartige Leute" geschrieben. Er löschte den Tweet danach wieder. Das Weiße Haus teilte mit, Trump habe den Ausspruch nicht gehört, sondern nur den Enthusiasmus seiner Anhänger wahrgenommen.
Trump ist jetzt Anhänger der Maske
Doch auch in Sachen Coronavirus scheint Trump seine Meinungen geändert zu haben: Angesichts seiner schlechten Umfragewerte und der massiven Kritik an seinem Krisenmanagement schlug der Präsident einen deutlich veränderten Ton an. So forderte er seine Landsleute am vergangenen Dienstag erstmals zum Tragen von Masken auf. Wenn sie die Abstandsregeln nicht einhalten könnten, sollten sie einen Mund-Nasen-Schutz benutzen, sagte Trump, der bisher das Tragen der Maske als Schwäche abgetan und sich darüber lustig gemacht hatte.
"Ob Sie die Maske mögen oder nicht, sie haben eine Wirkung", sagte der Präsident nun in seiner ersten Pressekonferenz zur Pandemie seit fast drei Monaten. "Die Masken werden einen Einfluss haben." In Anbetracht der zuletzt deutlich gestiegenen Infektionszahlen vor allem im Süden und Westen der USA warnte er: "Es wird leider noch schlimmer werden, bevor es besser wird."
In den vergangenen Monaten hatte Trump hingegen vor allem angebliche Erfolge seiner Regierung im Kampf gegen das Virus angepriesen und das Ausmaß der tödlichen Krankheit kleingeredet. Nun rief er sogar junge Leute auf, dichtgefüllte Bars zu meiden. Allerdings wiederholte der Präsident auch seine vage Aussage, dass das Virus irgendwie "verschwinden" werde. Trump hatte schon früh in der Pandemie auf eine Wiedereröffnung der Wirtschaft und eine rasche Rückkehr zum Normalbetrieb gedrängt.
Corona und Umfragewerte setzen Trump unter Druck
Trumps Sinneswandel hängt offenbar nicht zuletzt mit seinen schlechten Umfragewerten zusammen. Zwei Drittel der Bürger misstrauen demnach der Corona-Krisenpolitik des Präsidenten. In den Umfragen zur Präsidentschaftswahl am 3. November liegt Trump deutlich hinter seinem demokratischen Rivalen Joe Biden zurück.
Die dramatische Entwicklung in den USA bei den Corona-Infektionen setzt Trump zunehmend unter Druck. Dies ist wohl auch der Grund, warum er die Pressebriefings zu der Pandemie wieder aufnahm. Im Frühjahr hatte der Präsident nahezu täglich Unterrichtungen abgehalten. Kritiker warfen ihm allerdings vor, dabei immer wieder falsche oder irreführende Aussagen verbreitet und die Termine als Ersatz für Wahlkampfkundgebungen genutzt zu haben.
Eine andere, eine richtige Wahlkampfveranstaltung mit dem US-Präsidenten hingegen wurde wegen des Infektionsgeschehens abgesagt: Trump sagte den Parteitag der Republikaner Ende August in Florida ab. "Der Zeitpunkt für die Veranstaltung ist nicht richtig", gab Trump am Donnerstag im Weißen Haus bekannt. "Ich muss das amerikanische Volk beschützen." Es gebe nichts Wichtigeres als die Sicherheit der Amerikaner. Seine formelle Nominierung zum Kandidaten für die Wahl am 3. November soll nun in kleinerem Rahmen in Charlotte im Bundesstaat North Carolina erfolgen. Die Details sind noch offen.
Trump will "Vorbild" sein: Parteievent abgesagt
Auch mit dieser Absage vollzog Trump eine Kehrtwende. Erst im Juni hatte er die Verlegung von Teilen des ursprünglich in Charlotte geplanten Parteitags mit rund 19.000 Delegierten nach Jacksonville in Florida angekündigt. North Carolinas Gouverneur Roy Cooper hatte wegen der Pandemie erklärt, eine solche Veranstaltung wäre nur unter Auflagen möglich, wie einer Maskenpflicht und mit weniger Teilnehmern.
"Wir hatten eine gewaltige Sache geplant", sagte Trump am Donnerstag. Er wolle aber nicht, dass ihm vorgeworfen werde, etwas Unsicheres zu tun. Vielmehr wolle er "Vorbild" sein, sagte Trump später bei Fox News. "Ich fand, dass ich eine Verpflichtung habe, keine große Anzahl, keine Massen von Menschen in eine Reihe gedrängt zu haben." Im Juni hielt er aber gegen den Rat von Experten eine Wahlkampfveranstaltung vor Tausenden Anhängern in einer geschlossenen Halle ab.
Lob von Immunologe Fauci für Trump
Der prominente Immunologe Anthony Fauci nannte die Absage des Parteitags in Florida eine "gute Entscheidung". Der Experte begrüßte im Sender Fox News auch, dass Trump inzwischen zum Tragen einer Schutzmaske rät und sich selber mit Maske zeigt. "Das wird ein gutes Beispiel für den Rest des Landes abgeben." Fauci, der der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses angehört, sagte: "Ich denke also, wir bewegen uns in dieser Hinsicht in eine wirklich positive Richtung." Trump schlägt in der Krise seit wenigen Tagen deutlich pessimistischere Töne an. Fauci sagte, Trump sei klar geworden, wie die Lage sei, und er habe sein Verhalten angepasst.
Die USA sind das mit Abstand am stärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Nach jüngsten Angaben der Johns-Hopkins-Universität sind in dem Land mindestens 4.234.140 Infektionen mit dem Coronavirus registriert worden, knapp 147.000 Menschen sind an den Folgen von Covid-19 gestorben.