Krieg in der Ukraine Elon Musk verhinderte Schlag auf russische Schwarzmeerflotte – kritisieren kann man ihn dafür kaum

Starlink Elon Musk
Starlink Satelliten von Elon Musk halfen Kiew, die Krise des Jahres 2022 zu überstehen
© Space-X
Das Netz tobt, weil Elon Musk bei einem vernichtenden Schlag gegen die russische Flotte nicht mitmachen wollte. Dabei wird vergessen, dass Musk nur das Primat der Politik anerkannt hatte. Denn 2022 hat kein Verbündeter Kiew Waffen für Schläge so weit hinter der Front gegeben.

Elon Musk ist heutzutage der "man you love to hate" – mit diesen Worten wurde einst für die Hollywoodlegende Erich von Stroheim geworben. Mit dem Kauf von Twitter – neuerdings bekannt als X – schlug die unreflektierte Fan-Boy-Begeisterung aus Musks Tesla-Ära in Hohn und Spott um. Häufig genauso wenig reflektiert wie die einstige Bewunderung.

Angriff auf die Schwarzmeerflotte 

Nun fordert ein neuer Skandal die Kritiker heraus: Elon Musk gibt offen zu, die ukrainischen Streitkräfte bei einem Angriff auf die russische Marinebasis in Sewastopol nicht unterstützt zu haben. Er soll die Starlink-Unterstützung in der Umgebung der russisch annektierten / besetzten Krim gekappt haben. Die ukrainischen Drohnen, ob in der Luft oder im Wasser, wurden über das Satellitensystem, das Musk gehört, ferngesteuert. So schreibt es Walter Isaacson in seiner Biografie des Milliardärs.

Musk ließ sich vom russischen Botschafter einschüchtern, der ihm sagte, dass ein schwerer Schlag gegen die Schwarzmeerflotte einen russischen Nuklearschlag zur Folge haben würde. Die Verantwortung für so eine Eskalation wollte der Privatmann Musk nicht tragen.

Auf X bzw. Twitter bestätigte Musk die Darstellung teilweise, anderes weist er zurück. Er postete, er habe die Krim nicht kappen müssen, denn diese Regionen seien gar nicht freigeschaltet gewesen. Die ukrainischen Behörden wollten Starlink bis nach Sewastopol aktivieren, "die Absicht war es, den Großteil der dort ankernden russischen Flotte zu versenken. Wenn ich der Anfrage zugestimmt hätte, wäre SpaceX eindeutig Teil eines bedeutenden kriegerischen Akts und einer Eskalation des Konflikts geworden."

Regierungen zurückhaltender als Elon Musk

Wegen des mangelnden Supports wird er im Netz nun als Helfershelfer Moskaus beschimpft, dazu wird die Frage aufgeworfen, wie es sein kann, dass eine Privatperson so viel Einfluss auf den Kampf der Ukraine haben kann.

Beide Vorwürfe sind schnell erhoben, aber wenig stichhaltig.

Zuerst zur Privatperson: Richtig ist, dass das Starlink-System entscheidend dazu beigetragen hat, dass Kiew das Jahr 2022 überstanden hat. Über die Satelliten lief unter anderem ein damals den Russen weit überlegenes System zur Koordination von Artillerieschlägen. Mit dessen Hilfe konnten die ukrainischen Truppen sehr viel schneller und genauer Feuerunterstützung bekommen als umgekehrt die Russen.

Musks Firma Space-X hatte einen entscheidenden Einfluss auf den Krieg. Doch was ist daran zu kritisieren? Hätte es Musk oder Starlink nicht gegeben, gäbe es keine private Einmischung in den Krieg, doch dann hätte Kiew eben gar kein Satellitensystem nutzen können. Das wäre sicherlich im Sinne Putins, aber nicht im Sinne der Ukraine gewesen.

Und dabei sollte man eines nicht vergessen: Die Privat-Firma Space-X leistete Dienste, die die westlichen Verbündeten der Ukraine verweigerten. Denn auch militärische Satelliten, Überwachungsflugzeuge oder Drohnen hätten die ukrainischen Fernwaffen ins Ziel geleiten können.

Das gleiche gilt für den Kriegshafen von Sewastopol. Zum Zeitpunkt der Entscheidung von Musk haben die westlichen Verbündeten der Ukraine keine Waffen gegeben, die den Hafen hätten erreichen können, obwohl diese Systeme natürlich vorhanden waren. Genau genommen verlangt man von Musk, dass er seine eigene Regierung hätte überholen müssen und Dinge hätte tun sollen, die der US-Präsident verneint. Ein gewagtes Manöver für eine US-Firma, die Sicherheitspolitik des Weißen Hauses zu konterkarieren.

Politik erhöhte die Unterstützung nur in kleinen Dosen  

Während des ganzen Krieges ist es die Strategie des Westens, die militärische Hilfe für Kiew nur Schritt für Schritt in kleinen Dosen zu erhöhen. Es ist eine Art Salamitaktik, die den großen Aufschlag vermeidet, um Moskau nicht zu provozieren. Eine Konsequenz davon ist, dass die jeweiligen Rüstungsgüter stets sehr spät und in kleiner Zahl eintreffen. Kiews Streitkräfte hätten in dem Krieg sicher bessere Ergebnisse erzielt, wenn man schneller und energischer gehandelt hätte. Diese Strategie ist vielen ein Dorn im Auge, doch die Adressaten für diese Kritik sind politische Führer wie Biden und Scholz und nicht Elon Musk.

Wer hat eigentlich mehr getan?

Der kann immerhin von sich behaupten, Kiew wie kein anderer Privatmann unterstützt zu haben. Und das nicht mit flammenden Reden, wackeren Unterstützer-Postings und humanitärer Hilfe, sondern mit direkter Unterstützung auf dem Schlachtfeld. Die bekannten Rüstungsunternehmen engagieren sich auch für Kiew, für sie ist der Krieg aber auch ein Geschäft. Ihre Hilfe wird stets vom Steuerzahler der Westländer honoriert. Space-X reklamierte für sich, lange Zeit einen erheblichen Teil der Ukraine-Kosten selbst getragen zu haben. Diese Unterstützung kam direkt aus Musks Tasche. Um ein Bibelwort abzuwandeln: Wer mehr für die Ukraine getan hat, der werfe den ersten Stein.