Schon Mitte März vergangenen Jahres, also vor genau elf Monaten, warnten die USA China davor, Waffen an Russland zu liefern. Damals ging gerade der erste Kriegsmonat in der Ukraine zu Ende. Jetzt, ein Jahr nach Beginn der Invasion, sieht sich US-Außenminister Antony Blinken genötigt, die Warnung zu wiederholen. Jegliche Waffen- und Munitionslieferung an Moskau würde "ernste Probleme" verursachen , sagte er nun dem Sender CBS.
China weist Waffenanschuldigung zurück
Anlass für die Worte sind Informationen, wonach die Regierung in Peking "die Bereitstellung tödlicher Unterstützung" erwäge, so der Außenminister. Auf die Frage, was eine "tödliche Unterstützung" umfasse, sagte er weiter: "Alles von Munition bis zu den Waffen selbst." China weist derartige Anschuldigungen aber zurück: Washington verbreite "Falschinformationen", heißt es aus dem chinesischen Außenamt.
Außerdem seien es "die USA und nicht China, die ständig Waffen auf das Schlachtfeld schicken", so der Behördensprecher weiter. China bemühe sich in dem Ukraine-Konflikt darum, "den Frieden zu fördern und den Dialog zu unterstützen". Bei der Münchner Sicherheitskonferenz hatte ein Vertreter Pekings angekündigt, eine "Friedensinitiative" vorzustellen. Sie soll voraussichtlich am 24. Februar, dem ersten Jahrestag des Kriegs präsentiert werden.
Die Frage, warum Waffenlieferungen an die Ukraine in Ordnung sind, Waffenlieferungen an Russland jedoch nicht, klingt oberflächlich betrachtet nach Doppelmoral. Allerdings ist es durchaus ein Unterschied, einem Staat Kriegsmaterial zur Selbstverteidigung zu überlassen, oder ein Land, das einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, zu unterstützen. Daneben verhängen westliche Regierungen Sanktionen gegen Firmen, die Rüstungsgüter nach Russland liefern.
Firmen aus China auf Sanktionsliste
China ist der wichtigste verbliebene Partner Russlands, das seit der russischen Invasion der Ukraine vor rund einem Jahr international weitestgehend isoliert ist. Auf der Sanktionsliste der USA steht etwa der chinesische Konzern Sinno Electronics, weil er mit einem russischen Rüstungsunternehmen Geschäfte gemacht haben soll. Der Schritt wurde auch als Warnung an andere Unternehmen aus China gewertet, die Teile für militärisches Gerät nach Russland exportieren. Dennoch gelingt es vielen Unternehmen, ihre Produkte legal in den Aggressorstaat zu exportieren. Europäische Eigentümer gründen dazu einfach neue Firmen in Ländern, die den Handel mit Russland nicht bestrafen, wie etwa die Türkei.
Militärexperten wie Sönke Neitzel von der Uni Potsdam sind sich sicher, dass China bereits seit längerem militärische Ausrüstung an den großen Nachbarn liefert. Laut dem US-Sender CNN handelt es sich dabei zwar nicht um Waffen, aber durchaus um stark benötigtes Material wie Uniformen, Helme, schusssichere Westen und Überwachungsdrohnen. Ende vergangenen Jahres wurden zwischen China und Russland auffällige Flugbewegungen registriert. Medienberichten zufolge seien mehrfach die Woche Antonow-Transportmaschinen aus chinesischen Städten wie Zhengzhou und Urumtschi abgehoben. In den Orten liegen Logistikzentren und Niederlassungen von Rüstungsfirmen.
Waffen über Nordkorea?
Möglicherweise hilft die Regierung in Peking seinen Moskauer Verbündeten auch über den Pariastaat Nordkorea. So sagte der Sinologe Klaus Mühlhahn zum Portal T-Online: "China tut aus wirtschaftlichen Gründen einiges dafür, dass es nicht so aussieht, als würden sie westliche Sanktionen verletzen. Gleichzeitig möchte man eine russische Niederlage auf jeden Fall abwenden. Daher sind auch eigene Waffenlieferungen über Nordkorea eine Möglichkeit."
Welches Land liefert welche Waffen in die Ukraine?

Auch von Seiten Europas kommt Unterstützung für einen härteren Kurs gegenüber China. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte, chinesische Waffenlieferungen an Russland wären eine "dramatische Wende" im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er bejahte die Frage, ob die EU dann Sanktionen gegen China verhängen würde. Asselborn verwies auf die bereits verhängten EU-Strafmaßnahmen gegen den Iran wegen der Lieferung von Kampfdrohnen an Russland. "Würde China Waffen liefern, könnte Ähnliches sehr schnell die Folge sein", so Asselborn.
Quellen: DPA, AFP, T-Online, L'Essentiel, RND, "Welt"