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Flüchtlingsroute Balkan Der lange und schwere Marsch nach Europa

Abgeschreckt von den tödlichen Havarien im Mittelmeer versuchen immer mehr Flüchtlinge, über den Balkan in die EU zu gelangen. Länder wie Serbien sind überfordert, das Geschäft der Schleuser boomt.
Von Joachim Rienhardt (Text) und Giulio Piscitelli (Fotos)

"Herr General, melde normale Tagesaktivität, Überwachung mit Wärmekameras", reportiert der Unteroffizier zur Begrüßung. Er steht stramm vor Goran Dragovic, seinem Kommandeur, der gerade seinem gepanzerten Mercedes-Geländewagen entstiegen ist. Drei mit Stahlhelmen und schusssicheren Westen bewehrte Leibgardisten bewachen ihn, Maschinengewehr im Anschlag. Dragovic salutiert, gibt den Befehl zum Rühren.

Die 3000 für heikle Aufgaben

Die Sonne brennt mit 44 Grad auf den Hügel, den sie Maminsko nennen, 650 Meter hoch, am südlichsten Zipfel Serbiens. Dragovic ist der Chef der Gendarmerie des Balkanstaats, einer 3000 Mann starken Spezialeinheit der Polizei. Er wird immer gerufen, wenn’s heikel wird. Terroranschläge, Großdemonstrationen, Gefängnisrevolten. Jetzt soll er mit seinen Männern die 128 Kilometer lange Grenze zu Mazedonien sichern. Das heißt nichts weniger, als Zehntausende von Flüchtlingen zu stoppen, die dieser Tage über den Balkan Richtung Europa ziehen.

"Jeden Tag kommen bis zu 3000. Es ist der kürzeste Weg", sagt der muskulöse, kahl geschorene 1,90-Meter-Hüne. Eine Pistole steckt rechts im Oberschenkelhalfter über seiner Tarnhose, eine links am Gürtel, an dem auch zwei Magazine mit Patronen hängen. "Hier ist der höchste Punkt. Von hier aus können wir alles übersehen", sagt er. Es nützt ihm nicht viel.

"Hier kommen die meisten"

400 Meter unter ihm, in der Ebene, steigen Rauchsäulen auf, weil Bauern Abfälle verbrennen. Bahngleise verlaufen daran vorbei, parallel dazu die Autobahn, die von Thessaloniki nach Belgrad führt. Mit bloßem Auge ist der Grenzübergang zu erkennen. Hinter der Bergkette am Horizont beginnt das Kosovo. "Hier ist der kritischste Punkt", sagt Dragovic. "Hier kommen die meisten."

Keine 500 Meter entfernt tauchen Flüchtlinge hinter Büschen auf. Sie ducken sich sofort wieder weg, sobald sie Dragovics Männer sichten. Die knien im Feld, den Lauf ihrer Gewehre Richtung Grenze gerichtet. "Wir können nicht massiv eingreifen", sagt der Kommandeur. "Aber wenn die uns sehen, drehen sie ab, das ist garantiert." Doch ebenso sicher sei, dass sie es wieder versuchten. "Und irgendwann schaffen es alle."

Seit Monaten übersteigt die Zahl der Flüchtlinge hier die jener, die übers Mittelmeer nach Italien gelangen. Die einstige Hauptroute wird zusehends riskanter. Denn die türkische Küstenwache ist mittlerweile aktiver geworden und Libyen schon als Startpunkt lebensgefährlich. Doch der Druck des Flüchtlingsstroms wird immer stärker, vor allem, weil sich die Situation in Syrien weiter destabilisiert. Der Kessel entlädt sich dieser Tage hauptsächlich über Griechenland.

Die Griechen kontrollieren nicht mehr

Mehr als 80.000 sind von dort allein in diesem Jahr bereits durch Serbien gekommen, die meisten seit Anfang Juni. "Die Griechen sind mit ihrer eigenen Situation beschäftigt. Die haben die Grenzkontrollen praktisch eingestellt", sagt Kommandeur Dragovic. Ein hochrangiger deutscher Diplomat formuliert es so: "Die haben kapituliert. Die bekommen ja manchmal noch nicht mal ihr Gehalt ausbezahlt. Da herrscht Tag der offenen Tür."

Nur 30 Minuten sind’s im Schlauchboot von der türkischen Küste auf eine der griechischen Inseln. Dort sind die Behörden bemüht, die Flüchtlinge so schnell wie möglich aus dem Sichtfeld der Touristen aufs Festland zu verfrachten. Von Athen fahren sie in Bussen nach Mazedonien. Dort wurde am 18. Juni das Ausländerrecht geändert. Jetzt dürfen unerlaubt eingereiste Migranten Mazedonien legal durchqueren, und es gibt auch an der Grenze zu Serbien niemanden mehr, der sie aufzuhalten versucht: Grenzschützer haben das Feld schon im Mai geräumt, nachdem eine Einheit der albanischen UCK, der sogenannten Befreiungsarmee des Kosovo, Grenzposten überfallen, 100 Schnellfeuergewehre erbeutet und acht Elitesoldaten getötet hat. Nahezu unbehelligt machen die albanischen Schmuggler, sonst mit Waffen, Drogen und Zigaretten im Geschäft, jetzt als Schleuser Umsatz.

Aus jedem Zug, der zwei Kilometer südlich der Grenze stoppt, quellen 500 Menschen in den Weiler Tabanovtse. Ärmliche Häuser stehen hier, Bauern treiben ihre Kühe mit Stecken über schmale Sträßchen. Flüchtlinge reisen auch in Bussen an, im Taxi, manche auf dem Fahrrad. Immer mehr Frauen und Kinder sind dabei. Verzweifelte wie Mohammad Ajas, 32, aus Quetta, Pakistan. Er schleppt sich allein unter der sengenden Sonne Richtung Grenze, immer die Bahngleise entlang.

Seine Habseligkeiten stecken in einer zerrissenen Plastiktüte. Seit drei Monaten ist er auf der Flucht. In den Nächten unter freiem Himmel im Iran glaubte er manchmal zu erfrieren. In einem Grenzfluss zur Türkei ist er beinahe ertrunken. Zuletzt hat er 20 Tage in Griechenland bei der Orangenernte geholfen. Vom Lohn sind ihm nach Abzug für Kost und Logis 110 Euro geblieben - 5,50 Euro am Tag.

Gerne nach Österreich, vielleicht auch Deutschland

Er möchte nach "Austeria", wie er Österreich nennt. "Vielleicht auch Deutschland." Er weiß nicht, wo das liegt. Er weiß noch nicht mal, dass er schon 800 Meter vor der grünen Grenze zwischen Mazedonien und Serbien steht. Und er ahnt nicht, dass er wohl längst erfasst ist von den Wärmebildkameras der Männer von Goran Dragovic, oben am Berg, jenseits der Grenze.

Auf dem schwarzen VW-Bus hinter dem Kommandeur klebt ein Sticker "Finanziert von der Europäischen Gemeinschaft." Auf dem Dach dreht sich eine Wärmebildkamera, mit der jede Bewegung auch in 20 Kilometern registriert werden kann. Im Bus flimmern die Bilder einer Gruppe von rund 500 Flüchtlingen über den Schirm, knapp drei Kilometer von hier. Die Umrisse ihrer Körper sind schemenhaft zu erkennen. Langsam bewegen sie sich in geduckter Haltung nach vorn, immer wieder suchen sie hinter Büschen Schutz. Der Soldat am Schirm gibt die Daten per Funk an den am nächsten gelegenen Posten durch. Die Männer setzen sich zu den angegebenen Koordinaten in Bewegung. Dann wiederholt sich das Spiel, das sie etwa 50-mal am Tag spielen: "Die Flüchtlinge kehren um und versuchen es dann wieder. So lange, bis sie es schaffen", sagt Dragovic.

Einen Zaun darf er nicht bauen

Er fühlt, wie nutzlos sein Treiben ist. Die Sensoren seiner Kamera können die Büsche nicht durchdringen, nicht in die Gräben tauchen. Und einen Zaun darf er nicht bauen, so gern er das tun würde. Er zuckt mit den Schultern: "Ich muss das tun, was mein Minister sagt."

Der serbische Innenminister hat die Arbeit in die Hände seines Kollegen für Arbeit und Soziales gelegt. Aleksandar Vulin sitzt in seinem Büro in Belgrad, in dem ein Stich von Che Guevara neben einer Landkarte mit den Truppenbewegungen auf dem Balkan im Zweiten Weltkrieg hängt. "Diese Leute fliehen vor Tod und Elend. Man kann sie nicht aufhalten", sagt er. Und selbst wenn? Er wüsste gar nicht, ob er das darf. "Vom UN-Flüchtlingskommissariat höre ich immer nur, wir dürfen Flüchtlinge nicht aussperren. Von der EU höre ich, ich soll meine Grenzen vor Illegalen schützen und sie auch an der Ausreise nach Ungarn hindern."

Brüssel? Da sind alle im Urlaub!

Er redet sich in Rage. "Es ist nicht unser Problem. Hier will kein Einziger bleiben. Die wollen alle nach Deutschland oder nach Schweden. Wir können das Problem nicht lösen. Lösen muss das die EU. Entweder sie müssen den Krieg in Syrien beenden und den Terror in Afghanistan. Oder sie müssen die Leute zu sich ins Land lassen."

Seit Wochen bemühe er sich vergebens bei der EU um einen Termin. "Aber in Brüssel sind alle im Urlaub. Die stecken den Kopf in den Sand. Die wollen davon nichts hören", sagt Vulin. Die Franzosen schauten nur auf Calais. Die Briten nur auf den Eurotunnel. Die Deutschen vor allem auf die Kosovoalbaner.

Vulin versteht den Ärger der Deutschen. Vor allem, wenn sich die Albaner, wie zu Anfang des Jahres, zu Zehntausenden über Serbien nach Deutschland absetzen. Aber jetzt? Die paar Tausend, die noch im Flüchtlingsstrom mitschwimmen? Für Vulin sind das Peanuts im Vergleich zum jetzigen Problem.

"Die meisten kommen aus Syrien und aus Afghanistan. Und der große Schwung folgt erst noch." Er rechnet mit einer Million. Bald schon. Es herrsche Torschlusspanik, jeder wisse, dass die Ungarn an der Grenze einen Zaun hochziehen. Knapp 60 der 175 Kilometer stehen schon. Was passiert, wenn die Anlage Ende September fertig ist? Es würde höchstens die Preise der Schmuggler hochtreiben, sagt Vulin. Vermutlich aber hätte er dann auch ein Problem. Flüchtlinge aus Syrien kehren nicht zurück in die Heimat, anders als etwa jene aus dem Kosovo. Sie werden es über Kroatien versuchen. Oder in Serbien bleiben.

Viele schaffen es im dritten oder vierten Anlauf

Kommandeur Dragovic treibt es Sorgenfalten auf die Stirn. Er steigt in seinen Panzerwagen, holpert über die Staubstraße hinunter, vorbei an Flüchtlingen, die es trotz seiner Bemühungen ins Land geschafft haben. Viele im zweiten und dritten Anlauf. Oft mit Hilfe von Schleusern aus den Grenzdörfern. Die kaufen in Deutschland schrottreife Autos und bringen sie nach Mazedonien. Dort werden geklaute Nummernschilder angebracht. So geht es dann hinein nach Serbien, wenn sie dabei die Grenzer auch nur von Weitem sehen, lassen sie Autos samt Fracht einfach stehen - die Fahrzeuge haben sich schon nach einer Fuhre amortisiert.

Erst heute Morgen haben Dragovics Leute einen Audi A4 mit elf Flüchtlingen gestoppt. Insgesamt haben sie schon mehr als 600 Schleuser geschnappt, 100 Fluchtfahrzeuge sichergestellt. Sie sind vor dem Tor zu seinem Kommandostand geparkt. Doch das Geschäft floriert. Nach wie vor ziehen jeden Tag mehrere Hundert Flüchtlinge an seiner Kaserne und an dem täglich wachsenden Schrottplatz mit den Elendskutschen vorbei - hinein ins Grenzstädtchen Preševo. Dort ist seit Anfang Juli ein Zentrum für sie eingerichtet, "One Stop Center" genannt.

"Alle sind am 1. Januar geboren"

Chromglitzernde E-Klasse-Mercedes, Audi Q7 und vereinzelt auch Lamborghinis sommerurlaubender Gastarbeiter, die ihr Geld offenbar nicht nur mit Gebrauchtwagenhandel verdienen, schlängeln sich durch das Chaos. Überall Flüchtlinge. Sie sitzen am Straßenrand, in Cafés, auf den Gleisen. Oder sie stehen in der Schlange, um in das Camp gelassen zu werden, das in einer stillgelegten Tabakfabrik eingerichtet ist.

Hier gibt es etwas zu essen, Duschen, erste medizinische Versorgung. Eifrig tippen Polizisten, ausgestattet mit Handschuhen und Mundschutz, die Daten der Neuankömmlinge in ihre Computer. "Alle sind am 1. Januar geboren", sagt Dragovic. Natürlich weiß er, dass das gelogen ist. Aber es ist nicht sein Problem. Es will ja sowieso keiner in Serbien bleiben. Das Papier, das sie hier bekommen, brauchen sie nur, um binnen 72 Stunden legal durchs Land zu reisen, so war das Gesetz hier schon immer. Und eilig haben es ohnehin alle. "Die erste Frage ist bei allen: Wie weit ist es bis Ungarn? Und: Wie weit ist der Zaun?"


100 Steckdosen hat das Lager zum Aufladen der Smartphones. Für die Flüchtlinge sind sie unverzichtbar. Vorgereiste Freunde, Nachbarn und Verwandte geben Tipps für jede Teiletappe. Auf Facebook posten Schleuser ihre Werbung. Das Gesamtpaket von Istanbul nach Deutschland kostet 8000 Euro. Unter dem Foto der europäischen Flaggen heißt es: "as Salamu alaykum, Gott sei Dank, der vierte Schub unserer Gruppe erreichte von Serbien über Österreich Deutschland. Wir wünschen ihnen alles Beste und bedanken uns bei jedermann, der geholfen hat. Wir raten unseren Brüdern, folgende Nummer zu kontaktieren: 0049 ..."

Gegen Abend gehen die Euros aus

Gegenüber dem Camp stehen drei Doppeldecker-Busse. Helfer kobern Passagiere. Los geht’s, wenn die 75 Plätze voll sind. Manchmal dauert das nur 20 Minuten. Einige Busse fahren direkt zur Grenze. Die meisten aber machen erst einmal in Belgrad Pause. Der Platz vor dem Hauptbahnhof ist seit Monaten unter Beschlag von Flüchtlingen.

Sie ruhen sich aus, warten auf den Kontakt vom Schleuser für den Übertritt nach Ungarn, tanken Kraft und vor allem Geld, das Verwandte und Freunde von wo auch immer hierher überweisen. Die Schlange bei Western Union ist immer lang. Manche tauschen danach 4000 Dollar und mehr bei der Wechselstube am Bahnhof. Gegen Abend gibt es meist keine Euro mehr. Auch die Tickets für die Züge in Richtung ungarischer Grenze sind dann ausverkauft. Etliche lassen sich für 600 Euro die restlichen 200 Kilometer bis zur EU-Außengrenze Ungarns fahren.

Für zehn Euro weisen Bauern die Richtung

Dort sammeln sich die Flüchtlinge zu Hunderten in einem von Einsturz gefährdeten ehemaligen Ziegelwerk bei Subotica. Kinder grillen Mais vom Feld auf offenem Feuer. Im Grenzort Kanjiža kampieren viele Menschen unter den Kastanien auf dem Vorplatz des barocken Rathauses. Die grüne Grenze zu Ungarn verläuft gleich hinterm Ort, mitten durch Mais- und Sonnenblumenfelder. Bauern, so heißt es, weisen für zehn Euro die Richtung. Ortskundige Einheimische gehen für 150 Euro ein Stück des Weges mit. Mit Einbruch der Dunkelheit ist der Dorfplatz von Kanjiža jedenfalls wieder menschenleer.

Anderntags wird im Hof der Polizei ein Container von privaten Spendern an die Behörden über geben. Acht Stockbetten, Toilette, Dusche. Er soll für die Frauen unter den Flüchtlingen sein, die von den Ungarn wieder zurückgeschickt werden. 30, so das Abkommen, sind es pro Tag. Mehr kann die Bürokratie des 7000-Einwohner-Ortes nicht verarbeiten. Serbische Polizisten holen sie jeden Morgen von der Grenze ab. Sie müssen einem Richter vorgeführt werden, der sie wegen illegaler Einreise verurteilen muss. Bislang reichte einer, jetzt sind es drei.


Gerade haben die Polizisten die tägliche Fuhre der zurückexpedierten Pechvögel in die kleine Arrestzelle im Hof der Polizeiwache gesteckt. Auch eine Frau ist dabei. Sie heißt Iman, 35 Jahre alt, breiter Dauerlidstrich über den blauen Augen. Sie stammt aus Damaskus, hat dort als Hotel-Rezeptionistin gearbeitet. Seit drei Wochen ist sie auf der Flucht, für die sie extra die Haare blondieren ließ, um europäischer zu wirken.

Zehn Tage ist es jetzt her, dass sie von Serbien aus versuchte, Ungarn zu erreichen. 14 Stunden war sie unterwegs, gelenkt vom GPS des Handys, immer dem Plan folgend, den sie sich vorher aus dem Netz geladen hatte. In Szeged war Endstation. "Bauern haben die Polizei gerufen" , sagt Iman durch das Gitterfenster. "Die Ungarn hassen uns." Fast alle würden geschnappt werden, obwohl der Zaun erst zu einem Drittel steht. Iman zeigt das Armband, das ihr im Gefängnis angelegt wurde. Darauf das Datum und Uhrzeit der Inhaftierung. 21. Juli, 14.25 Uhr. Sie hat Nummer 79 177. Bei Zellengenossen, die einen Tag später kamen, sei die Nummer schon um 2000 höher gewesen, sagt sie.

Die Wärterin schlug und beraubte sie

Zehn Tage lang war sie mit 20 Männern in einer Zelle. "Antonia hieß meine Wärterin", sagt sie und zeigt blaue Flecken auf ihren Oberarmen. "Sie hat mich geschlagen, mein Telefon gestohlen, dazu 300 Euro und mein Make-up."

Doch sie hat sich geweigert, einen Asylantrag zu stellen, so wie es fast alle der Aufgegriffenen tun, obwohl auch von denen keiner in Ungarn bleiben will. Ihr könnt trotzdem nach Deutschland, habe man ihr gesagt - geglaubt hat sie es nicht. Sie hat ihre Fingerkuppen auch nicht wie viele andere mit Säure oder Messern manipuliert, um die Abdrücke unbrauchbar zu machen. Sie hat keine Verwandten - wie inzwischen die meisten -, die schon in Deutschland sind und sie problemlos nachholen könnten.

Zehn Tage darf sie bleiben

Iman hat nicht auf die Zusagen der Ungarn vertraut und wurde deportiert. Der serbische Richter verurteilt sie am Nachmittag zu 25 statt zu den üblichen 50 Euro, die pro Person fällig werden. Sie hat behauptet, sie und zwei weitere Zellengenossen seien eine Familie. Zehn Tage darf sie jetzt wieder im Land bleiben, um einen neuen Versuch nach Ungarn zu starten. Auf englisch sagt sie zum Abschied: "I will try, I will try and I will try."

Am Tag später schickt sie eine Whatsapp-Nachricht aus Belgrad. Hier seien die Schleuser besser organisiert und vertrauenswürdiger. Von hier aus will sie es zusammen mit sechs anderen mithilfe eines Tunesiers versuchen. Er nennt sich Omar, verlangt von jedem 1400 Euro für das Versprechen, sie bis nach Wien zu bringen. Ein syrischer Freund wird ihr das Geld aus Istanbul schicken. Leider geht es erst morgen weiter. Heute ist Sonntag. Western Union hat geschlossen.

Diese Reportage ist erschienen im stern #33

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