Die amerikanische Öffentlichkeit hat sehr unterschiedlich, vielfach auch mit Trotz, auf die Fotos misshandelter und gedemütigter Iraker reagiert. Viele US-Zeitungen weigerten sich sogar, die Aufnahmen zu zeigen. Das würde ein "falsches Bild" der US- Streitkräfte vermitteln, begründete der Chefredakteur der "New York Post", Col Allan, die Entscheidung seines Blattes.
Einen Aufschrei der Empörung oder Selbstzweifel an der "Mission" im Irak gab es weder in Washington noch in den meisten US-Medien, auch wenn die Vorfälle verurteilt wurden. Am Sonntag dominierte die Flucht eines entführten Halliburton-Mitarbeiters aus irakischer Geiselhaft die TV-Schirme. Eher nüchtern wurde über den Skandal berichtet, für den nach Ansicht auch von US-Militärs nicht nur ein paar sadistische Militärpolizisten verantwortlich sind. Deren Vorgesetzte glauben, dass nur ein paar "Sündenböcke gesucht wurden", zitierte die "Washington Post" einen Offizier, der vor allem auf die Rolle der US-Geheimdienste verwies.
"Gefundenes Fressen für anti-amerikanische Kräfte"
In den USA fanden sich zunächst nur wenige, die vor den "kaum absehbaren negativen Folgen" ("Washington Post") für das Ansehen der USA warnten. Die sei ein "gefundenes Fressen weltweit für alle anti-amerikanischen Kräfte", meinte der Direktor des "PEW Research Center", Andrew Kohut. Ex-Regierungsberater Michael Rubin sprach von einem "Desaster" für die USA.
Zwar verurteilte US-Präsident George W. Bush scharf die Misshandlungen, aber auch er wird nach Ansicht von Beobachtern wissen, dass die moralische Glaubwürdigkeit der USA, die die Welt Demokratie und Menschenrechte lehren wollen, enorm gelitten hat. Zudem wurde die Versicherung, es handele sich um extreme Ausnahmen, schon in Frage gestellt.
Was kommt noch ans Licht...
Tagebuch-Aufzeichnungen eines beschuldigten Unteroffiziers verweisen auf weitere Gräueltaten. Ein Gefangener soll nach Misshandlungen sogar gestorben sein, andere Iraker hätte tagelang nackt in kalten Isolationzellen verbringen müssen. US-Medien schürten den Verdacht, dass die Geheimdienste in möglicherweise sogar systematischen Folterungen verstrickt seien.
...und was passiert eigentlich in Guantànamo?
Die Misshandlung der Iraker konfrontiert die Bush-Regierung mit der Frage, was in der kubanischen US-Enklave Guantànamo passiert, wo über 600 mutmaßliche Terroristen seit fast zwei Jahren ohne Prozess und ohne Rechte inhaftiert sind. Einige der Geheimdienstleute, die im Bagdader Gefängnis Abu Ghoreib tätig gewesen sein sollen, sind US- Medienberichten zufolge zuvor in Guantànamo stationiert gewesen.