Frankreich Massendemos enden mit 600 Verhaftungen

Millionen Franzosen gingen gegen das neue Kündigungsschutzgesetz auf die Straße. Demonstranten lieferten sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei. 600 Randalierer wurden verhaftet.

Schwere Krawalle haben am Dienstag erneut die Proteste gegen den Abbau des Kündigungsschutzes in Frankreich überschattet. In ganz Frankreich wurden mehr als 600 Demonstranten festgenommen. Allein in Paris waren es mehr als 380 Festnahmen. Es seien insgesamt 42 Menschen verletzt worden. Von ihnen mussten 26 ins Krankenhaus gebracht werden.

Ausschreitungen und Straßenschlachten

Im Anschluss an die friedliche Massenkundgebung in Paris zogen mehrere hundert Jugendliche durch die Straßen und lieferten sich an der Place d'Italie eine Straßenschlacht mit der Polizei. Sie rissen Pflastersteine aus der Straße und warfen sie auf die Beamten. Diese gingen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Menge vor. Auch am fünften Protesttag mobilisierten die französischen Gewerkschaften und Studentenverbände wieder Millionen Menschen. Sie gehen damit gestärkt in Verhandlungen über die umstrittene Arbeitsrechtsreform.

Auch in Rennes kam es im Anschluss an eine Demonstration zu Ausschreitungen. Dabei gingen mehrere Schaufensterscheiben zu Bruch. In Lille wurden Telefonzellen und parkende Autos beschädigt. An den 268 Protestkundgebungen im ganzen Land beteiligten sich nach Polizeiangaben mehr als eine Million Menschen. Die Gewerkschaften sprachen von drei Millionen Demonstranten und allein 700.000 in Paris. Postämter und Banken blieben geschlossen, Züge, Busse und U-Bahnen fuhren mit verminderter Frequenz.

Gewerkschaften fordern, Gesetze zurück zu nehmen

Heute wollen sich erstmals seit Beginn des Konflikts vor rund zwei Monaten Vertreter von Gewerkschaften führenden Parlamentariern der Regierungspartei UMP treffen. Gewerkschaftsführer kündigten nach bereits an, dass sie erneut ein Zurückziehen des Gesetzes über den Ersteinstellungsvertrag (CPE) verlangen würden. Auf eine Gesetzesänderung wollten sie sich nicht einlassen. UMP-Politiker erklärten, sie wollten sich die Vorstellungen der Gewerkschafter anhören und "vorurteilsfrei" diskutieren.

Die Gewerkschaften und Studentenverbände wollen mit den Protesten dem Gesetz zum Ersteinstellungsvertrag (CPE) "den Todesstoß versetzen". Präsident Jacques Chirac hatte das Gesetz am Sonntag mit der Maßgabe in Kraft gesetzt, es nicht anzuwenden. Stattdessen soll die Regierungspartei UMP die Reformgegner anhören und eine Neufassung erarbeiten. Der Chef der Gewerkschaft CGT, Bernard Thibault, bestand aber darauf, das Gesetz abzuschaffen. Darüber könne man nicht verhandeln. "Wir fordern alle dasselbe: die Rücknahme des CPE", sagte auch der Chef der Gewerkschaft Force Ouvrière, Jean-Claude Mailly.

Villepin unbeliebt wie noch nie

"Das ist nicht nur ein französisches Problem, ganz Europa engagiert sich gegen dieses CPE-Projekt", sagte John Monks, der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), in Paris. Der von Chirac vorgeschlagene Kompromiss zum CPE sei nicht akzeptabel. "Es gibt ein vergleichbares System in Griechenland, und wir wissen, dass sich Deutschland und die Niederlande für diesen Plan interessieren."

Nach einer Umfrage ist Villepin auf einen neuen Tiefstand an Beliebtheit seit seinem Amtsantritt vor zehn Monaten abgestürzt. 45 Prozent wünschten seinen Rücktritt, 49 Prozent sein Ausharren. Auch Chiracs Haltung stößt auf Unverständnis. In Umfragen erklärten sich sechs von zehn Befragten solidarisch mit der Protestbewegung. 71 Prozent meinten, Chirac trage zur Radikalisierung der Proteste bei.

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