Frankreich Stolpert Villepin in den Generalstreik?

Nach den bisher stärksten Massenprotesten in Frankreich drohen die Gewerkschaften mit einem landesweiten Streiktag. Premierminister Dominique de Villepin schloss eine Rücknahme des Reformpaketes aus.

Die Vertreter französischer Gewerkschaften wollen in Paris über ihr weiteres Vorgehen gegen die umstrittene Arbeitsrechtsreform beraten.Unterdessen schloss Premierminister Dominique de Villepin die geforderte Rücknahme des Reformwerkes aus und bedauerte, dass seine "Methode" Unverständnis hervorgerufen habe. "Man muss dem Ersteinstellungsvertrag (CPE) eine Chance geben, einem vervollständigten und verbesserten Vertrag, um jedem seine Befürchtungen zu nehmen", sagte Villepin dem Monatsmagazin "Citato", ohne in die Einzelheiten zu gehen.

Ultimatum an Chirac ist "inakzeptabel"

Der Präsident der Nationalversammlung Jean-Louis Debré verurteilte das von Gewerkschaftsseite formulierte Ultimatum gegen ein vom Parlament beschlossenes Gesetz als "Schädigung der Demokratie". Senatspräsident Christian Poncelet wies das Ultimatum als "inakzeptabel" zurück. Das Gesetz "könne nicht von der Straße verändert werden".

Die französischen Gewerkschaften hatten Präsident Jacques Chirac ultimativ zur raschen Rücknahme der Arbeitsrechtsreform aufgefordert und mit Generalstreik gedroht. Am Samstag hatten Hunderttausende gegen Villepins Reform demonstriert. Nach den Kundgebungen kam es wie in den vergangenen Tagen wieder zu Krawallen und Ausschreitungen.

Stabilität des Landes ist in Gefahr

Chirac und Villepin trügen "die volle Verantwortung für die sozialen Spannungen" im Land, die umkämpfte zweijährige Probezeit für Arbeitnehmer unter 26 Jahren müsse vom Tisch, erklärten Verbände und Gewerkschaften nach der Mobilisierung. Nach Gewerkschaftsangaben demonstrierten am Samstag 1,5 Millionen Menschen, in Paris allein 350.000. Das Innenministerium zählte dagegen 503.600 Demonstranten, etwa 80.000 in der Hauptstadt. Bei Protesttag am 7. März hatte die Polizei 400.000 errechnet, die Gewerkschaften eine Million.

"Es muss etwas geschehen, die Stabilität des Landes ist drei Monate nach den Jugendunruhen in den Vorstädten in Gefahr", warnte Sozialistenchef François Hollande. Alle Linksparteien hatten sich dem nationalen Protesttag angeschlossen. "Die Hand ist ausgestreckt, die Tür offen", bekräftigte Regierungssprecher Jean-François Copé die Bereitschaft, das Gesetz zu verbessern. Villepin und Chirac haben es strikt abgelehnt, den CPE zurückzunehmen. "Wenn Villepin sich nicht bewegt, müssen mehrere Gewerkschaften zum übergreifenden Streiktag aufrufen", forderte der Generalsekretär der Force Ouvrière, Jean- Claude Mailly, am Sonntag eine "Beschleunigung".

DPA
DPA