G-8-GIPFEL Kleiner, informeller und unbürokratischer

Eine Wende in Richtung seiner Ursprünge soll der diesjährige G-8-Gipfel nach dem Willen seiner Gastgeber sein. Zumindest ein Stück weit scheint das den Kanadiern gelungen zu sein.

Im kanadischen Kananaskis sind am Dienstagabend (Ortszeit) die Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten zu ihrem am (heutigen) Mittwoch beginnenden Gipfel eingetroffen. US-Präsident George W. Bush kam nach seiner Ankunft zu einer persönlichen Unterredung mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi zusammen. Anschließend stand ein Treffen mit dem Gastgeber des Gipfels, dem kanadischen Ministerpräsidenten Jean Chretien, auf dem Programm des amerikanischen Präsidenten.

Eigener Staat für die Palästinenser

Bush wollte beim Gipfels auch für seine Nahost-Initiative werben. Diese sieht die stufenweise Errichtung eines eigenen Staates für die Palästinenser vor, wenn diese eine neue Führung wählen. Koizumi lobte den Vorschlag als Schritt nach vorn. Chretien kritisierte indessen die indirekte Forderung nach einer Ablösung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Die Entscheidung darüber müsse man den Palästinensern schon selbst überlassen, erklärte auch der kanadische Außenminister Bill Graham.

Fünf afrikanische Länder erstmalig dabei

Bei dem Gipfel sollte es ferner um gemeinsame Maßnahmen zur weltweiten Bekämpfung des Terrorismus gehen. Ein weiterer Schwerpunkt der zweitägigen Beratungen war laut Tagesordnung die als »Marshallplan« für den Schwarzen Kontinent angekündigte Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NePAD). Das Programm soll die Zahl der in extremer Armut lebenden Afrikaner bis 2015 halbieren. Für Donnerstag wurden deshalb auch erstmals Delegationen aus fünf afrikanischen Ländern eingeladen - Südafrika, Senegal, Nigeria, Algerien und Ägypten. Auf deren Initiative geht der Plan zurück.

Annan warnt vor zu hohen Erwartungen

UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte unterdessen vor »unrealistischen Erwartungen« an den Gipfel. Im Zusammenhang mit dem Entwicklungsprogramm für Afrika hoffe er zwar auf eine neue Partnerschaft zwischen den reichsten Ländern der Erde und den afrikanischen Ländern, um das Leben von Millionen Hungernden zu verbessern. Man sollte davon jedoch keine Wunder erwarten.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Bei den Beratungen über die globale wirtschaftliche Entwicklung - einem weiteren Schwerpunkt der Konferenz - sollten Fragen des Handels, der Währung und der internationalen Energiepolitik erörtert werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder war bereits am Montag mit Gastgeber Chretien darin übereingekommen, in diesem Zusammenhang auch einen weiteren Abbau staatlicher Subventionen zu fordern. Schröder bat Chretien um eine entsprechende Initiative Kanadas, da ihm selbst wegen der Beihilfepolitik innerhalb der Europäischen Union die Hände gebunden seien.

Proteste bislang friedlich

Der Gipfel der G-8-Staaten - USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland sowie Russland - findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die kanadische Polizei will Ausschreitungen wie vor einem Jahr in Genua verhindern. Dort war bei gewaltsamen Zusammenstößen ein Mensch ums Leben gekommen, außerdem wurde hoher Sachschaden angerichtet. In Kanada verliefen die Proteste von Globalisierungsgegnern vorerst ohne größere Zwischenfälle.