US-Plan Maritimer Korridor zum Gazastreifen: Wie baut man einen temporären Hafen?

Hafen Gaza Stadt
Der Hafen in Gaza-Stadt ist durch den Krieg in einem desolaten Zustand
© Mohammed Ali/XinHua / DPA
Die Details sind noch unklar und das Vorhaben ist nicht ohne Risiko – dennoch planen die USA einen Nothafen im Gazastreifen zu bauen, um die notleidende Bevölkerung mit Hilfsgütern zu versorgen. Wie genau funktioniert das?

Joe Bidens Ankündigung erfolgt auch aus Wahlkampfgründen, doch vor allem hat sie handfeste humanitäre Gründe: Um die Versorgung des Gazastreifens zu ermöglichen, wird am Wochenende ein "maritimer Korridor" zwischen Zypern und dem Palästinensergebiet eingerichtet. Das US-Militär baut dafür einen provisorischen Hafen an der Mittelmeerküste des Gazastreifens, wie de US-Präsident jetzt in seiner Rede an die Nation ankündigte. Damit kann humanitäre Hilfe auf dem Seeweg in das Kriegsgebiet gebracht werden. Via Zypern kommen dann Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und Notunterkünfte in den Gazastreifen.

Gaza: Hilfslieferungen auf dem Seeweg
Infografik: Hilfslieferungen für Gaza auf dem Seeweg geplant
© DPA Infografik / Picture Alliance

Wie ist derzeit die Versorgungslage im Gazastreifen?

Katastrophal. Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) befinden sich alle dort lebenden 2,2 Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot. Grund sind massive Bombardierungen und eine Bodenoffensive Israels in dem Küstenstreifen. Der Krieg gegen die radikal-islamische Hamas ist eine Reaktion auf das größte Massaker an Juden seit dem Zweiten Weltkrieg durch die palästinensischen Kämpfer. Die US-Regierung hatte vor einigen Tagen damit begonnen, die Zivilbevölkerung Gazas aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. Der geplante Nothafen dürfte die humanitäre Hilfe um "Hunderte zusätzlicher Lkw-Ladungen" pro Tag erhöhen, so Biden.

Wer genau soll den Hafen errichten?

Das US-Militär wird die temporäre Anlandestelle zusammen mit bislang nicht weiter genannten internationalen Partnern einrichten. Die Europäische Union hat bereits angekündigt , an der Errichtung eines Seekorridors für den Gazastreifen zu arbeiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist deshalb nach Zypern gereist, um dort die entsprechende Infrastruktur zu besichtigen. In den nächsten Tagen soll der Korridor eingerichtet werden, kündigte die EU-Kommissionspräsidentin an.

Welche Rolle spielt Zypern?

Die Insel liegt etwa 370 Kilometer nordwestlich des Gazastreifens und ist der EU-Staat, der der Region am nächsten gelegen ist. Zypern setzt sich seit Monaten dafür ein, auf dem Seeweg Hilfsgüter direkt in den Gazastreifen zu transportieren. 

Wie baut man einen temporären Hafen?

Die Einzelheiten sind noch nicht klar. Vertretern der US-Regierung zufolge soll als Hauptelement des Hafens ein provisorischer Pier errichtet werden. Der Bau wird mehrere Wochen dauern und in Zusammenarbeit mit "Verbündeten" vor Ort sowie mit den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen erfolgen. Die Militärtechnikseite "The Warzone" schreibt, das so genannte Expeditionary Transfer Dock-Schiffe benutzt werden, um die Fracht von großen Schiffen auf Luftkissenfahrzeugen zu transportieren. Für solche Boote müsste der Pier auch nicht übermäßig groß ausfallen.

Welche Nachteile hat die Hafenanlage?

Der stationäre Bau könnte zum Ziel von Angriffen der Hamas werden, die weiterhin große Teile des Gazastreifens kontrolliert. Bisher haben die Terroristen nicht dafür zurückgescheut, ihren Krieg auf dem Rücken der Zivilbevölkerung zu führen. Zum Problem könnte auch der Schutz der Hilfsgüter vor Plünderungen werden. Bislang ist nicht geplant, Soldaten vor Ort einzusetzen. 

Was sagt Israel zu den Plänen?

Joe Biden hat in seiner Rede die Kriegsführung Israels deutlich kritisiert und das Land aufgefordert, humanitäre Hilfe nicht außer Acht zu lassen. Einem Jersualemer Regierungsvertreter zufolge unterstützte Israel "voll und ganz" die Errichtung des provisorischen Docks. Die Initiative werde "die Ausweitung der humanitären Hilfe für den Gazastreifen ermöglichen", heißt es im Außenministerium. Auch die auf diesem Weg gelieferten Hilfsgüter sollen demnach "einer Sicherheitskontrolle nach israelischen Standards" unterzogen werden.

DPA · AFP · Reuters
nik

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