Getöteter al-Kaida-Chef Top-Terrorist Osama Bin Laden wird auf Tiktok gefeiert – das steckt hinter dem gefährlichen Hype

Osama bin Laden auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2011. Nun wird der Al-Kaida-Terrorist auf Tiktok gefeiert.
Osama bin Laden auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2011. Nun wird der Al-Kaida-Terrorist auf Tiktok gefeiert.
© AFP
Ein weiterer gefährlicher Trend auf Tiktok: Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzern feiern dort die antisemitische Hetze von Osama bin Laden, dem Drahtzieher des 11. September.

Eine antisemitische, amerikafeindliche und islamistische Propagandaschrift von Osama bin Laden aus dem Jahr 2002 ist auf der chinesischen Social-Media-Plattform Tiktok zu einem gefährlichen Trendthema geworden. Etliche Nutzerinnen und Nutzer, derzeit noch vor allem aus den Vereinigten Staaten, loben in ihren Videos den "Brief an Amerika" des früheren Chefs der Terrororganisation al Kaida. 

In diesem verbreitete der im Mai 2011 von US-Soldaten getötete Top-Terrorist Medienberichten zufolge zahlreiche antisemitische Stereotype wie die einer von Juden kontrollierten Welt und forderte die Auslöschung des israelischen Staates. Besonders letzterer Aspekt löst bei vielen auf Tiktok im Zusammenhang mit dem aktuellen Nahost-Konflikt Zustimmung aus – bin Laden wird in Kommentaren als "einer von den Guten" verklärt, der Terrorist wird zum Freiheitskämpfer umgedeutet. Neben Beschimpfungen der Vereinigten Staaten enthält das Pamphlet auch Drohungen gegen US-Amerikanerinnen und -Amerikaner. Bin Laden gilt unter anderem als der Kopf hinter den Terroranschlägen vom 11. September 2011, bei denen fast 3000 Menschen getötet wurden.

"Brief an Amerika" geht auf Tiktok viral

Auf Tiktok geht das Schreiben mehr als 20 Jahre nach seiner Entstehung viral. "Es hat mir die Augen geöffnet", preist eine junge Nutzern die Worte des Terroristen in einem millionenfach angesehenen Video. "Ich werde niemals mehr anders auf die Welt und das Land blicken." Ihr Leben habe sich komplett geändert, bekennt sie, ohne ins Detail zu gehen, und fordert andere auf: "Bitte lest den ganzen Brief!"

Und dies taten Unzählige, die ebenfalls auf Tiktok von ihren Gedanken nach dem Lesen des Manifests berichten – zum überwiegenden Teil positiv, mitunter Wirken die Leserinnen und Leser schier überwältigt vom Inhalt des "Briefs an Amerika". Mehr und mehr Weiterempfehlungen des Schreibens sind die Folge.

Veröffentlicht wurde der Brief auf Englisch übersetzt 2002 unter anderem von der britischen Zeitung "The Guardian". Nachdem die Propagandaschrift ohne weiteren Kontext im Zuge des Tiktok-Hypes immer weiter verbreitet wurde, entfernte die Redaktion am Mittwoch den Text von der Webseite – was bei vielen Nutzerinnen und Nutzern wiederum den Verschwörungsmythos nährt, dass eine vermeintliche Wahrheit verborgen werden solle. Die Folge: Der "Brief an Amerika" verbreitet sich unvermindert weiter auf Tiktok.

Die chinesische Plattform steht regelmäßig in der Kritik, weil die Betreibenden der Verbreitung von Falschmeldungen, Terrorpropaganda, Verschwörungsmythen, aber auch von die psychische oder physische Gesundheit gefährdenden Inhalten zumeist tatenlos zuschauen. Tiktok ist vor allem bei jüngeren Menschen beliebt.

"Cool. In den USA entdeckt Generation Z Osama Bin Laden. Stand nicht auf meiner Bullshitbingo-Karte", kommentiert der deutsche Militär- und Sicherheitspolitikexperte Carlo Masala den Tiktok-Trend süffisant. Journalist Konstantin Nowotny meint: "Tiktok entwickelt sich im Schnellverfahren zu einer Verschwörungsschleuder epischen Ausmaßes. Dark, dark times."

Quellen: Tiktok, "The Guardian", X (1), X (2)

wue