Der bislang prominenteste Repräsentant des gestürzten irakischen Saddam-Regimes, Ex-Vizeregierungschef Tarik Asis, hat sich in Bagdad den US-Truppen gestellt. Das bestätigte das US-Zentralkommando in der Nacht zum Freitag in Katar. Nach US- Medienberichten stellte sich der 67-jährige Asis nach tagelangen Sondierungen bei den USA am Donnerstag in einem von Christen bewohnten Stadtteil Bagdads.
Vier auf einen Streich
Am selben Tag hatten die USA mit der Festnahme von vier hochrangigen Gefolgsleuten Saddam Husseins an einem Tag ihren bis dahin größten Fahndungserfolg erzielt. Mit Asis sind jetzt insgesamt 12 der 55 meistgesuchten Iraker in US-Gewahrsam. Ferner wurde am Freitag nach arabischen Medienberichten ein ehemaliger irakischer Geheimdienstchef gefasst. Nach Informationen des US-Fernsehsenders ABC hat ein Sohn von Asis tagelang mit dem Amerikanern über die Aufgabe seines Vaters verhandelt. Dabei soll er Freunde in den USA eingeschaltet haben. Asis habe sich seit dem Zusammenbruch des Regimes in einem Haus von Verwandten in der Nähe Bagdads aufgehalten. Seine eigene Villa in Bagdad war von Plünderern verwüstet worden.
"Würdevoll in amerikanisches Gewahrsam
Verwandte von Asis sagten amerikanischen Reportern, Asis sei es vor allem darum gegangen, sich würdevoll in amerikanisches Gewahrsam zu begeben. Die US-Armee habe zugesagt, dass Asis zwar verhört, aber nicht unbedingt in ein Gefängnis gebracht werde. In Washington hieß es, das US-Militär habe keinerlei Zugeständnisse gemacht. Nach Informationen der Familie wird Asis im Irak festgehalten.
Er war nur die Nummer 43 in der US-Liste der 55 meistgesuchten Iraker, weil die US-Regierung ihm nur begrenzten Einfluss auf den Führungszirkel Saddams zuspricht. Von den Verhören versprechen sich die Amerikaner deshalb auch weniger Informationen über heimliche Waffenprogramme als Hinweise auf den Verbleib Saddams und seiner Söhne Udai und Kusai sowie anderer Mitgliedern der irakischen Führungsclique.
Gesicht und Sprachrohr des Regimes
Asis war mit seinen guten Englischkenntnissen und gewandtem Auftreten auf internationaler Bühne das Gesicht und Sprachrohr des irakischen Regimes. 1936 in Mosul geboren, gehörte Asis seit Jahrzehnten zum engsten Führungszirkel von Saddam Hussein und stand bis zuletzt loyal zum Regime in Bagdad. Als Christ und Nicht-Mitglied des Tikriti-Clans war er dennoch eine Ausnahmeerscheinung innerhalb der Führung.
Aisi galt als gewandter Diplomat
Während der Invasion Kuwaits und des folgenden Golfkriegs von 1991 war Asis Außenminister und galt als gewandter Diplomat. Der Mann mit den schlohweißen Haaren und der dicken Brille konferierte mit Außenministern in aller Welt und UN-Generalsekretär Kofi Annan. Noch vier Wochen vor Beginn des Irak-Krieges reiste Asis zu einer Audienz mit Papst Johannes Paul II.
Wollte "lieber sterben" als sich ergeben
In einem Interview des britischen Fernsehsenders ITN hatte Asis noch Ende Januar versichert, er werde "lieber sterben" als "in ein amerikanisches Gefängnis, nach Guantanamo" zu gehen. "Wir sind nicht von der Sorte, die sich ergeben, nur um zwei oder drei Jahre lang ein erbärmliches Leben zu führen." Der Vizepremier kündigte damals an: "Wir werden bis zur letzten Kugel kämpfen."
Der arabische TV-Sender El Dschasira meldete am Freitag zusätzlich die Festnahme eines früheren irakischen Geheimdienstchefs. Faruk Hidschasi sei im Nordirak an der Grenze zu Syrien gefasst worden. Er steht nach US-Medienberichten in Verdacht, 1993 an einem Komplott zur Ermordung des damaligen Präsidenten George Bush senior in Kuwait beteiligt gewesen zu sein.