Die am 6. Februar im Irak zusammen mit ihrem Sohn entführte deutsche Staatsbürgerin Hannelore Krause ist nach gut fünf Monaten Geiselhaft frei. Der 20-jährige Sohn Sinan befindet sich allerdings weiter in der Gewalt der unbekannten Entführer, bestätigte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Berlin.
Die mit einem Iraker verheiratete 62-jährige Deutsche sei bereits seit Dienstag in Freiheit und befinde sich in der Obhut der deutschen Botschaft in Bagdad. Zu den Hintergründen der Freilassung nach 155 Tagen und vor allem zur Frage, ob ein Lösegeld gezahlt wurde, machte Steinmeier keine Angaben. Die frei gelassene Frau wollte sich nach Steinmeiers Angaben noch am Mittwoch öffentlich äußern.
Geisel flehte per Videobotschaft
"So sehr wir erleichtert sind über die Freilassung von Hannelore Krause, so bleibt die Ungewissheit über das Schicksal des Sohnes", sagte der Außenminister. Er sicherte zu, dass die Bundesregierung alles tun werde, um auch den jungen Mann möglichst schnell frei zu bekommen.
Die Frau und ihr Sohn waren aus ihrem Haus in der irakischen Hauptstadt verschleppt worden. Mehrere Ultimaten der Geiselnehmer, die sich "Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit" nannten, waren ergebnislos verstrichen. Die Kidnapper verlangten unter anderem den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, was die Bundesregierung wiederholt ablehnte.
Nach wie vor ist unklar, ob es sich bei der Entführergruppe um politisch motivierte Täter oder Lösegeld-Erpresser handelt. Mehrmals hatten die Geiselnehmer Video-Botschaften ins Internet gestellt. In einer dieser Video-Aufnahmen flehte die Frau die Bundesregierung an: "Bitte lassen Sie uns nicht hier sitzen, wir sind doch auch Deutsche." Sie hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindringlich um Hilfe gebeten.
Mit den Worten "Wenn wir uns nicht wiedersehen sollten: Ich wünsche Euch alles Gute" wandte sich die verzweifelte Mutter, die am 14. April in Geiselhaft 62 Jahre alt wurde, damals an ihre beiden anderen, in Berlin und Dortmund lebenden Kinder.
Nach 99 Tagen waren im Mai 2006 die beiden Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke unversehrt freigekommen. 25 Tage dauerte die Gefangenschaft der Archäologin Susanne Osthoff Ende 2005. In beiden Fällen sollen von der Bundesregierung - auch wenn dies offiziell nie bestätigt wurde - Millionen-Lösegelder gezahlt worden sein.
Nachfolgend eine Chronik der Ereignisse:
6. Februar 2007: Die 61-jährige Deutsche Hannelore Marianne Krause und ihr 20-jähriger Sohn Sinan werden aus ihrem Wohnhaus in Bagdad verschleppt.
12. Februar: Die mutmaßlichen Entführer melden sich in Berlin bei der Schwester des jungen Mannes. Das Auswärtige Amt richtet einen Krisenstab ein.
10. März: In einer Videobotschaft droht die unbekannte Gruppe "Pfeile der Rechtschaffenheit" mit der Ermordung der Frau und ihres Sohnes, falls Deutschland nicht binnen zehn Tagen alle Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan abzieht. In einer weiteren Internet-Botschaft drohen islamische Extremisten mit Terroranschlägen.
14. März: Bundespräsident Horst Köhler appelliert in einem Videoaufruf eindringlich an die Entführer, ihre Geiseln sofort freizulassen.
15. März: Nach Ansicht von Sicherheitsexperten lässt das Terror-Video auf deutsche Herkunft schließen.
16. März: Der Mann der Entführten und die Schwiegertochter bitten die Entführer um Gnade für ihre Angehörigen.
17. März: Führende Muslime in Deutschland fordern eine sofortige Freilassung.
19. März: Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigt, dass Deutschland sich nicht erpressen lässt.
20. März: Das von den Entführern gestellte Ultimatum läuft ab.
3. April: Nach längerem Schweigen melden sich die Kidnapper wieder zu Wort und stellen in einem Video ein neues Ultimatum. Sie bekräftigen ihre Forderung an die Bundesregierung, binnen zehn Tagen ihre rund 3.000 Soldaten vollständig aus Afghanistan abzuziehen.
13. April: Das zweite Ultimatum läuft ab.
11. Juli: Nach 155 Tagen wird Hannelore Krause frei gelassen und befindet sich in der Obhut der deutschen Botschaft in Bagdad. Ihr Sohn aber wird immer noch von den irakischen Entführern festgehalten.