Mit einem Forderungskatalog an die Bagdader Führung hat Großbritannien am Mittwoch versucht, im Sicherheitsrat eine Mehrheit für eine Resolution zu gewinnen, die ein UN-Mandat zum Krieg erteilen würde. Als Zeichen für fieberhafte diplomatische Aktivitäten wurde gewertet, dass UN-Generalsekretär Kofi Annan getrennte Treffen mit UN-Chefinspekteur Hans Blix und dem britischen UN-Botschafter Jeremy Greenstock ansetzte. Aus US-Kreisen verlautete, zusammen mit Großbritannien werde noch an der endgültigen Formulierung des Resolutionstextes gearbeitet.
USA bestehen auf Entscheidung
Die USA machten deutlich, dass sie auf eine Entscheidung noch in dieser Woche dringen. Der mexikanische UN-Botschafter Adolfo Zinser, dessen bislang unentschiedenes Land von den USA heftig umworben wird, sagte, er erwarte noch am Mittwochabend (Ortszeit) einen neuen Text der Amerikaner und Briten. Zinser schloss eine Abstimmung am Donnerstag nicht aus. Die spanische Außenministerin Ana Palacio sagte dagegen in Madrid, möglicherweise werde der von ihrem Land mit eingebrachte Resolutionsentwurf wegen des andauernden Widerstands der Veto-Macht Frankreich zurückgezogen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte am Dienstag die Überlegung ins Spiel gebracht, wegen der innenpolitischen Probleme des britischen Premierministers Tony Blair alleine in den Krieg zu ziehen.
UN-Diplomaten warten noch
Bei den Vereinten Nationen gab es zunächst keine offiziellen Reaktionen auf die britischen Bemühungen. UN-Diplomaten sagten, es liege noch nichts Schriftliches vor. Der russische Botschafter Sergej Lawrow sagte dem US-Fernsehsender CNN: "Wir sind nicht dafür, einige künstliche Termine in Erwägung zu ziehen, wenn sie nicht von den Inspektoren kommen oder von ihnen akzeptiert werden."
Auch Rücknahme "Möglichkeit"
Palacio sagte, angesichts der Veto-Drohung Frankreichs sei die Rücknahme des Resolutionsantrags "eindeutig eine Möglichkeit". Die Alternative ist nach ihren Worten eine schnelle Entscheidung: Spätestens am Freitag wollten vor allem die USA wissen, ob sie die neun Stimmen und damit das UN-Mandat für einen Krieg gegen Irak im Sicherheitsrat bekommen.
Blair aus eigenen Reihen kritisiert
Blair verteidigte am Mittwoch im Unterhaus seine Irak-Politik gegen wachsende Kritik in den eigenen Reihen. Das britische Außenministerium legte sechs Prüfsteine für den Abrüstungswillen des irakischen Staatschefs Saddam Hussein vor, die Bestandteil eines abgeänderten Entwurfs für eine UN-Resolution werden sollen. Britische Diplomaten sagten, Irak könnte eine Frist von zehn Tagen eingeräumt werden zu beweisen, eine "strategische Entscheidung" für seine Abrüstung getroffen zu haben. US-Diplomaten sprachen von einer Frist von sieben bis höchstens zehn Tagen. Danach müssten bestimmte Aufgaben unter Kontrolle der Inspektoren in einer bestimmten Frist ausgeführt werden. Sollte der Zeitrahmen nicht erfüllt werden, hätten die USA und ihre "Koalition der Willigen" freie Hand, einen Krieg zu beginnen.
Bush sieht Ende des diplomatischen Weges
Im Irak-Konflikt ist nach Ansicht des Weißen Hauses ein Ende der diplomatischen Bemühungen nah. Präsident George W. Bush unternehme zur Zeit die letzten diplomatischen Schritte, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, am Mittwoch. Er bekundete zugleich die Unterstützung Washingtons für die britischen Bemühungen, einen neuen Kompromissvorschlag für die Irak-Resolution zu erarbeiten. Er wollte sich jedoch nicht zu den einzelnen Punkten des Vorschlags äußern. Nach den britischen Vorstellungen soll Saddam Hussein ein Ultimatum bis etwa zum 27. März gesetzt werden. Er soll bis dahin in einer Fernsehansprache erklären, dass er Massenvernichtungswaffen besitzt und diese nun endgültig zerstören will. Der Irak müsse dann seine Bestände an Anthrax und anderen bilogischen sowie an chemischen Waffen offen legen.