Die NATO hat sich nach tagelangem Tauziehen auf Vorbereitungen für eine militärische Unterstützung der Türkei im Irak-Konflikt geeinigt. Die Maßnahmen dienten einzig der Verteidigung und legten keine weiteren militärischen Entscheidungen fest, betonten die NATO-Staaten in ihrem Beschluss in der Nacht zum Montag. Heute wollen die Staats- und Regierungschefs der 15 EU-Länder in Brüssel eine gemeinsame Haltung zum Irak-Konflikt formulieren. Die griechische EU-Präsidentschaft will dabei die stark auseinander gehenden Meinungen innerhalb der Union zusammenführen.
Kein Schritt in Richtung Krieg
Mehr als zwölf Stunden hatten die NATO-Staaten am Sonntag in Brüssel im Verteidigungsausschuss um eine Einigung im Streit um die Militärhilfe für die Türkei gerungen. Belgien hatte bis zuletzt darauf bestanden, in einem Beschluss festzuschreiben, dass man den Vereinten Nationen nicht vorgreifen wolle. "Dies ist kein Schritt in Richtung auf einen Krieg", betonte so auch NATO-Generalsekretär George Robertson nach der Einigung.
Defensive Waffensysteme
"Wir unterstützen weiter die Bemühungen der Vereinten Nationen auf der Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise", heißt es in dem Beschluss der 18 im Ausschuss vertretenen Staaten. Frankreich gehört wegen seines besonderen Status nicht dazu. Der Beschluss sieht vorbereitende Planungen für die Entsendung von AWACS- Aufklärungsflugzeugen, Raketenabwehrsystemen sowie Einheiten zur Verteidigung gegen biologische und chemische Angriffe vor.
Ringen ums richtige Vorgehen
Zu dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel wird am Abend auch UN-Generalsekretär Kofi Annan erwartet. Am Vormittag treffen sich bereits die Außenminister, um den Gipfel vorzubereiten. Die Regierungen von EU-Staaten wie Spanien und Großbritannien dringen wie die USA auf ein militärisches Eingreifen im Irak. Deutschland, Frankreich und Belgien wünschen hingegen weiter eine diplomatische Lösung. Der EU-Ratsvorsitzende, der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis, erwartet von dem Gipfel keinen umfassenden Lösungsplan. "Wir müssen den Millionen Menschen, die gegen einen möglichen Krieg im Irak demonstriert haben, sagen, welche unsere Ansicht ist", erklärte Simitis im griechischen Fernsehen.
Uneinigkeit der arabischen Staaten
Ohne Einigung auf die Einberufung eines Sondergipfels ist am Sonntagabend in Kairo ein Treffen der Außenminister der Arabischen Liga zu Ende gegangen. Generalsekretär Amre Mussa erklärte anschließend, die Minister hätten ihn und die ägyptische Regierung beauftragt, in den nächsten Tagen doch noch eine Einigung mit den anderen arabischen Staaten zu suchen. Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hatte, nachdem dies von mehreren Mitgliedstaaten gefordert worden war, für die letzte Februarwoche zu einem Sondergipfel ins ägyptische Scharm el Scheich eingeladen.
14 Tage Bewährungsfrist
Unbeeindruckt von den Friedensdemonstrationen, bei denen am Wochenende weltweit Millionen Menschen gegen einen Irak-Krieg auf die Straßen gingen, halten die USA an ihrem harten Kurs fest. Nach Medienberichten will Washington in dieser Woche der UN einen Entwurf für eine zweite Irak-Resolution vorlegen, in der Bagdad erneut "ernste Konsequenzen" angedroht werden. Nach Angaben der "New York Times" soll der Irak in den nächsten 14 Tagen im Rahmen der UN- Waffeninspektionen gezielt auf die Probe gestellt werden. Die USA erwarten dem Blatt zufolge, dass Bagdad diese Tests als Beweis für die Abrüstungsbereitschaft nicht bestehen werde.
Die nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice äußerte sich in TV-Interviews nicht zu einem konkreten Zeitplan für eine neue UN- Resolution. Sie sprach aber von einem diplomatischen Zeitfenster, das nicht mehr lange offen sei. Washington sei an einer zweiten Resolution interessiert, wenn diese keine weitere Zeitverzögerung bedeute.
Neues Bin-Laden-Tonband
In einem neuen angeblich von Terroristenführer Osama bin Laden stammenden Tonband warnt dieser vor amerikanischen Plänen zur Aufspaltung der arabischen Welt, die Washington beherrschen wolle. Arabische Medien veröffentlichten Auszüge, in denen mit neuen Anschlägen gegen amerikanische Ziele gedroht wird. Die Aufnahme sei ungefähr zum gleichen Zeitpunkt entstanden wie das vor einigen Tagen vom arabischen Fernsehsender El Dschasira abgespielte Tonband, das westliche Geheimdienste für echt halten.