Iran Chatamis Kapitulation

Als Präsident Mohammad Chatami in einer Rede an der Universität in Teheran das Scheitern seiner Reformpolitik eingeräumt hatte, schlug ihm die Wut der Versammelten entgegen. Der Auftritt geriet zur Generalabrechnung.

Der iranische Präsident Mohammad Chatami hat das Scheitern seiner Reformpolitik eingeräumt. Er habe im Machtkampf mit dem geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei und dessen konservativen Verbündeten nachgeben müssen, um Unruhen zu vermeiden und das islamische Staatssystem zu erhalten, rechtfertigte sich Chatami am Montag vor Studenten der Universität Teheran. "Wenn ich nachgegeben habe, so habe ich dem System nachgegeben, in das ich glaubte", sagte Chatami, der vom Publikum zum Teil lautstark beschimpft wurde.

"Chatami, schäme dich"

Die iranischen Studenten wiederum haben Chatami fehlenden Mut und Inkompetzenz bei der Umsetzung demokratischer Reformen vorgeworfen. Er habe sich gegen die Ultra-Konservativen, die seine Reformen blockierten, nicht durchsetzen können, lautete ihr Vorwurf. "Chatami, was ist aus den versprochenen Freiheiten geworden?", "Chatami, schäme dich" und "Studenten sind weise, sie hassen Chatami", skandierten sie, als der Staatspräsident an der Universität in Teheran eine Rede anlässlich des weltweiten Studententags halten wollte.

Chatami erklärte, er sei froh darüber, dass seine zweite Amtszeit im Juni 2005 zu Ende geht. Er warf einigen seiner ehemaligen Verbündeten vor, durch überzogene Forderungen die Konservativen provoziert und damit Reformen erschwert zu haben. "Der einzige Weg zur Demokratie führt durch die Islamische Republik", sagte Chatami.

Der sichtlich erschütterte Politiker, der seine Wahl insbesondere auch mit den Stimmen der Studenten gewonnen hatte, die ihn auf Grund seiner westlich geprägten, moderaten Gesinnung gewählt hatten, setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr. "Meine Amtszeit geht bald zu Ende, aber ich bin niemandem etwas schuldig. Diese nach Macht heischenden Fanatiker, die die Forderungen des Volks ignorieren und Reformen verhindert haben, sind mir etwas schuldig", sagte er mit Blick auf die konservativen Mächte des Landes. Er wies zudem darauf hin, dass in keinem anderen Dritte-Welt-Land Studenten ihren Staatspräsidenten und die Regierung in dieser Form kritisieren könnten.

Enttäuschte Studentenschaft

An der kommenden Wahl wollen viele Studenten nach eigenen Angaben nicht mehr teilnehmen. "Die Studenten sind sehr enttäuscht. Sie haben für ihre Unterstützung Chatamis einen hohen Preis gezahlt, im Gegenzug aber nichts erhalten", erklärte ein Studentensprecher.

DPA · Reuters
DPA/Reuters

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