Langsam entwickelt sich Joe Biden "Garage-Gate" zu mehr als einer ärgerlichen Panne. Am Wochenende sind erneut vertrauliche Staatspapiere im Privathaus des US-Präsidenten aufgetaucht. Zwar nur sechs an der Zahl, doch ist dies bereits das dritte Mal, dass Geheimunterlagen bei ihm gefunden wurden. "All dies deutet darauf hin, dass sich Bidens Umgang mit Dokumenten letztlich gar nicht so sehr von jenem Trumps unterscheidet", schreibt das "Wall Street Journal" dazu und: "Die Öffentlichkeit kann die Doppelmoral sehen und der Präsident sollte hoffen, dass es nicht noch mehr gibt, sonst könnte seine Hoffnung auf eine zweite Amtszeit in Gefahr geraten."
Ein Sonderermittler für Joe Biden
Anfang November, noch vor den Zwischenwahlen am 8. des Monats, waren Mitarbeiter auf die ersten Papiere mit Geheim-Vermerk in einem seiner früheren Büros gestoßen, einige Tage später dann auch in seiner Garage Wilmington, Delaware neben seinem Oldtimer, einer 1967er Corvette. Öffentlich wurde das aber erst nach Medienberichten im Januar. Um Bidens Versprechen einer transparenten Präsidentschaft zumindest halbwegs einzulösen, hatte das US-Justizministerium, das auch die oberste Strafverfolgungsbehörde ist, einen Sonderermittler abgestellt. Dessen Mitarbeiter hatten jetzt 13 Stunden lang das Haus des US-Präsidenten durchsucht.
Für Joe Biden waren die Funde bislang eher Ärgernis denn Problem. Am meisten dürfte íhn der Vergleich mit seinem Vorgänger nerven. Auch bei Donald Trump waren geheime Dokumente gefunden worden. Allerdings in deutlich größerer Zahl, zudem hatte sich der Ex-Präsident geweigert, sie auf Bitten des zuständigen Nationalarchivs wieder herauszugeben. Das aktuelle Staatsoberhaupt war das frühere Staatsoberhaupt deswegen mehrfach scharf angegangen, nun aber hat Biden das gleiche Problem. Auch wenn er die Angelegenheit öffentlich herunterspielt: "Ich denke, ihr werdet sehen, dass es da nichts gibt", sagte er Reportern jetzt.
Zwingt "Garage-Gate" Biden zum Rückzug
Möglicherweise stimmt das auch, doch der Öffentlichkeit und den oppositionellen Republikanern dürfte das egal sein. Sie werden jede Schwäche Bidens gnadenlos ausnutzen, vor allem jetzt, da er eigentlich seine Kandidatur für die Wiederwahl verkünden wollte. Mutmaßlich werden sich sogar die parteiinternen Skeptiker Hoffnung machen, dass "Garage-Gate" Biden zum Rückzug zwingt. Denn nicht wenige Demokraten fürchten, dass ihr Mann im Weißen Haus bei der nächsten Wahl Ende 2024 mit dann fast 82 Jahren chancenlos sein könnte. Erste Demokraten, wie der Senator Dick Durbin, kritisieren Biden wegen der Geheimdokumente bereits öffentlich.
Die Affäre um die Staatspapiere hatte Bidens ohnehin nur mäßige Popularität weiter gedämpft. Gerade einmal 42 Prozent der Amerikaner schätzen seine Arbeit, Tendenz fallend. So schlecht wurden zuletzt nur wenige US-Präsidenten bewertet, Donald Trump etwa hatte ähnliche Werte. Medienberichten zufolge plant Joe Biden deshalb seinen Stabschef Ron Klain auszutauschen. Der Posten ist der wohl wichtigste (und aufreibentste) im Weißen Haus. Der Stabschef koordiniert die Arbeit des Präsidenten und ist auch dessen oberster Krisenberater; regelmäßige Wechsel auf dieser Position sind daher normal.
Der Neue an der Seite Bidens
Klain soll ab Februar den früheren Corona-Koordinator Jeff Zients einarbeiten. Der 56-Jährige hatte Biden von seinem Amtsantritt im Januar 2021 bis zum April 2022 bei der Bewältigung der Corona-Pandemie beraten, er war auch für die Impfkampagne in den USA zuständig. Zients kommt aus der Privatwirtschaft, und hatte schon während der Präsidentschaft Barack Obamas in wichtigen Positionen für die US-Regierung gearbeitet.
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Der Staffelwechsel soll rund um die State-of-the-Union-Rede am 7. Februar vollzogen werden. Dann will Biden angeblich auch seine erneute Kandidatur bekannt geben. Klain soll bereits seit den Zwischenwahlen in den Startlöchern stehen und größere Personalwechsel im Weißen Haus vorbereiten, heißt es etwa bei der Washingtoner Politikseite "The Hill".
Quellen: DPA, AFP, "Wall Street Journal", "The Hill", "New York Times", "Five Thirty Eight"