Die Reaktion auf die erneute Entschuldigung Japans für die 35-jährige Kolonialherrschaft über die koreanische Halbinsel fiel verhalten aus. Zwar nahm Südkorea die Entschuldigung des japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan an. Auch wurde im Nachbarland positiv registriert, dass sich Kan in seiner Erklärung direkt an Südkorea wandte, die Rückgabe von Kulturgütern versprach und zugleich hervorhob, dass die Kolonialisierung "gegen den Willen der Koreaner" durch Annexion erzwungen wurde. Auch an der Aufrichtigkeit von Kans Reue zweifelte die Regierung in Seoul nicht. Die Kolonialvergangenheit, die sich nach wie vor wie ein dunkler Schatten über die - sonst relativ guten - Beziehungen legt, konnte Tokio dadurch nicht hinter sich lassen.
Seit 1995 haben sich japanische Ministerpräsidenten, zuerst Tomiichi Murayama, öffentlich für die kriegerische Vergangenheit ihres Landes entschuldigt. Aus der Sicht der meisten Koreaner mangelt es der japanischen Regierung jedoch noch immer an einer ehrlichen historischen Aufarbeitung des Kolonialregimes in Korea, das 1910 begann und erst mit der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg am 15. August 1945 endete. Das habe auch Kans Erklärung deutlich gemacht.
So kritisierten südkoreanische Parteien und viele private Organisation einmütig, dass Kan nicht auf Gräueltaten eingegangen ist, die die kaiserliche japanische Armee damals an den Koreanern verübt hat. Kans Erklärung sei ein weiterer Schritt vorwärts von ähnlich lautenden Erklärungen früherer japanischer Premierminister, hieß es in einer Stellungnahme der regierenden konservativen Großen Nationalpartei. Doch sei dies "nicht genug", um die jahrzehntelange Wut der Koreaner wegen Japans damaliger Verbrechen zu mildern.
Dazu gehört beispielsweise die Rekrutierung von Koreanern zur Zwangsarbeit und die Verschleppung von Koreanerinnen während des Weltkriegs, um sie in Soldatenbordellen an der Front zum Sexdienst für japanische Soldaten zu zwingen. Historiker schätzen, dass die japanische Armee vor und während des Weltkrieges in Asien etwa 200 000 Frauen, die meisten aus Korea, zur Prostitution zwang. So hätte Japan jetzt die Gelegenheit des 100. Jahrestags des Beginns der Kolonialherrschaft nutzen können, eine ausreichende Entschädigung für die noch lebenden Opfer anzubieten, kritisierten einige Gruppen.
Kan wurde außerdem von einigen Kommentatoren vorgeworfen, den zwischen Japan und Korea erzwungenen Vertrag über die Einverleibung Koreas in seiner Erklärung nicht offen als illegal und ungültig genannt zu haben. Noch heute wird die Annektierung Koreas am 29. August 1910 "als Tag der Schande" bezeichnet. Zwar unternahm Japan während der Herrschaft in Korea wichtige Infrastruktur- und Modernisierungsmaßnahmen, doch sollten sie allein seinem eigenen Vorteil dienen. Die Koreaner konnten sich nicht mehr politisch betätigen und mussten sich zum großen Teil brutalen Unterdrückungsmaßnahmen unterwerfen.
Erst vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum viele Koreaner weiter auf eine klare Erklärung Tokios dringen. Japan sei um zukunftsorientierte Beziehungen bemüht, kommentierte die Zeitung "The Korea Times". "Das wird ein Wunsch bleiben, bis Japan das Abkommen für null und nichtig erklärt."