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Kroatien Kriegsverbrecher ebnet Weg in die EU

Der wegen Kriegsverbrechen gesuchte kroatische Ex-General Ante Gotovina ist auf den Kanarischen Inseln festgenommen worden. Mit der Verhaftung ist ein wesentliches Hindernis für den EU-Beitritt Kroatiens beseitigt.

Die Chefanklägerin des UN-Tribunals in Den Haag, Carla del Ponte, bestätigte am Donnerstag in Belgrad die Verhaftung Gotovinas: "Er ist jetzt im Gefängnis". Sie dankte den kroatischen und spanischen Behörden für die Zusammenarbeit. Bevor der mutmaßliche Kriegsverbrecher mit einer Militärmaschine des UN-Kriegsverbrechertribunals nach Den Haag gebracht wird, werde er jedoch dem Nationalen Gerichtshof in Madrid vorgeführt. Dies teilten die spanischen Justizbehörden am Donnerstag mit. Der zuständige Richter Félix Degayón werde den 50-jährigen Ex-General noch im Laufe des Tages über die ihm zur Last gelegten Verbrechen informieren. Dieser Schritt sei nach spanischem Recht zwingend, hieß es.

Flüchtige Kriegsverbrecher

Nach der Festnahme des kroatischen Ex-Generals Ante Gotovina entziehen sich noch sechs Angeklagte einem Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal. Es sind ausschließlich Serben:
Radovan Karadzic (60), politischer Führer der bosnischen Serben, angeklagt wegen Völkermordes (Massaker an bosnischen Muslimen 1995 in Srebrenica mit bis zu 8000 Toten)
Ratko Mladic (62), Militärkommandeur der bosnischen Serben mit der selben Anklage wie gegen Karadzic
Goran Hadzic (47), "Präsident" der von den Serben als unabhängig erklärten kroatischen Region Krajina, deren Rückeroberung Gotovina leitete. Angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unter anderem Mord und Verfolgung
Stojan Zupljanin (54), Chef der regionalen Sicherheitsdienste der Serben in Bosnien, angeklagt wegen Völkermordes an bosnischen Muslimen
Zdravko Tolimir (57), einer der Stellvertreter Mladics, angeklagt wegen Völkermordes an bosnischen Muslimen
Vlastimir Djordjevic (58), ehemaliger Polizeigeneral im Kosovo, angeklagt unter anderem wegen Vertreibung von ungefähr 800.000 Kosovo-Albanern.
Auf der Internet-Seite des UN-Tribunals werden außer diesen und Gotovina noch zwei weitere Angeklagte als flüchtig aufgeführt, weil sie noch nicht nach Den Haag überstellt sind: Dragan Zelenovic, der in Russland verhaftet wurde, und Milan Lukic, verhaftet in Argentinien.

Gotovina war Behördenangaben zufolge auf der Grundlage eines internationalen Haftbefehls am Mittwochabend in einem Hotel im Touristenort Playa de Las Américas im Süden von Teneriffa festgenommen worden. Er habe gefälschte Ausweispapiere bei sich gehabt, hieß es. Die spanische Polizei sei ihm bereits seit mehreren Tagen auf den Fersen gewesen. Gotovina habe sich auf verschiedenen Inseln des Archipels versteckt gehalten.

Kroatien auf dem Weg in die EU

Der Fall Gotovina belastete lange Zeit die Verhandlungen über einen EU-Beitritt Kroatiens. Wegen mangelnder Kooperation Zagrebs mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal waren die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Kroatien auf Eis gelegt worden. Erst im Oktober hatte del Ponte die Kooperation als "zufriedenstellend" bezeichnet, sodass die EU offiziell die Verhandlungen wieder aufnahm. Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte am Donnerstag in Brüssel: "Es ist fundamental wichtig, dass alle Beschuldigten vor Gericht gestellt werden." Nur so könne es zur Versöhnung auf dem westlichen Balkan kommen und das Internationale Tribunal in Den Haag seine Arbeit erfolgreich beenden.

Auch die Nato hat die Festnahme des wegen Kriegsverbrechen gesuchten kroatischen Ex-Generals Ante Gotovina begrüßt. Am Rande eines Treffens der Außenminister der Allianz sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Donnerstag in Brüssel: "Das sind gute Nachrichten."

Der Ex-General soll laut Anklage für den Tod von 150 Serben und die Vertreibung von 150.000 Menschen in der Krajina verantwortlich sein. In dieser überwiegend von Serben bewohnten Region im Osten Kroatiens fand 1995 eine der letzten Offensiven des Balkankriegs statt. Gotovina wurde 2001 angeklagt, danach verlor sich jede Spur. Die Festnahme in Spanien beweist nach den Worten des Zagreber Regierungschefs Ivo Sanader die "Glaubwürdigkeit des kroatischen Staates". Die kroatischen Behörden hatten immer wieder Berichte, denen zufolge Gotovina sich in Kroatien verstecken würde, dementiert.

tk mit DPA

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