Libanon-Einsatz Hisbollah will Gefangenenaustausch

Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah bedauert mittlerweile die Entführung der beiden israelischen Soldaten. Mit den Konsequenzen habe er nicht gerechnet. Jetzt ruft er zum Gefangenenaustausch auf.

Der Führer der radikalislamischen Hisbollah im Libanon, Hassan Nasrallah, hat Israel zu einem Gefangenenaustausch aufgerufen. Um die Freilassung von zwei entführten israelischen Soldaten zu ermöglichen, solle Israel libanesische Gefangene freilassen, sagte Nasrallah dem Hisbollah-nahen Fernsehsender New Television. Wenn die radikalislamische Miliz gewusst hätte, dass Israel mit einer groß angelegten Libanon-Offensive auf die Entführung der beiden Soldaten reagieren würde, hätte die Hisbollah die beiden Israelis nicht entführt, sagte Nasrallah.

Deutscher Einsatz

Der erste Nahost-Einsatz deutscher Soldaten nimmt konkrete Formen an: Mehr als 1200 Bundeswehr-Angehörige sollen nach "Spiegel"-Informationen für die geplante UN-Mission im Libanon bereitgestellt werden. Damit würde Deutschland nach Italien und Frankreich das drittgrößte Kontingent aller EU-Länder stellen. Die Bundesregierung wollte konkrete Zahlen am Wochenende nicht bestätigen. Dafür sei es noch zu früh, hieß es im Verteidigungsministerium.

Mit deutscher Vermittlung soll laut Presseberichten spätestens in drei Wochen ein Gefangenenaustausch zwischen Israel und der radikal- islamischen Hisbollah zu Stande kommen. Wie die Kairoer Zeitung "Al Ahram" am Sonntag unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte meldete, bereitet ein deutscher Unterhändler eine Lösung vor. Offen sei noch, ob die pro-iranische Hisbollah zwei von ihr verschleppte israelische Soldaten freilässt und Israel gleichzeitig libanesische Häftlinge auf freien Fuß setzt, oder ob der Austausch zeitversetzt erfolgt.

Kalkulierbare Risiken

Die offenbar vom Bundesnachrichtendienst geleitete Operation dürfte auch Thema der Gespräche der israelischen Außenministerin Zipi Liwni mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) an diesem Montag in Berlin sein. Wie es hieß, trifft Liwni auch BND-Chef Ernst Uhrlau. Dieser hatte 2004 bereits einen Austausch zwischen beiden Seiten erreicht.

Offiziell wurde der Vorgang nicht bestätigt. Man beteilige sich grundsätzlich nicht an solchen Spekulationen, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Nach Angaben von Steinmeier liegt im Auswärtigen Amt noch keine Anfrage vor, dass ein Deutscher in dem aktuellen Fall vermitteln soll. Es sei auch noch unklar, wer auf libanesischer Seite beteiligt werden solle.

Steinmeier bekräftigte bei Auftritten in Niedersachsen die deutsche Bereitschaft zu einem umfangreichen Einsatz in der Region. Die Risiken seien kalkulierbar. "Der Waffenstillstand ist fragil und brüchig. Ohne internationales Engagement gibt es dort keinen Frieden." Auch Israel müsse nach Auswegen aus dem "einseitigen Denken" suchen. Diese Erwartung sei kein "Verrat" an der Freundschaft Deutschlands zum jüdischen Staat. Mit Syrien müsse weiter das Gespräch gesucht werden.

Gerüstet für den Kampfeinsatz

Laut "Spiegel" richtet sich die Bundesmarine darauf ein, mit Fregatten und Schnellbooten die libanesische Küste zu überwachen. Um den Waffenschmuggel für die Hisbollah-Miliz zu unterbinden, sollen Tornado-Aufklärungsjets der Luftwaffe zum Einsatz kommen.

"Die deutschen Soldaten müssen befähigt sein, auch gegen den Willen des Kapitäns an Bord eines Schiffs zu gehen, das verdächtigt wird, Waffen zu schmuggeln", sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Insofern könne man von einem "Kampfeinsatz" der Bundeswehr sprechen.

Auch nach Ansicht von SPD-Chef Kurt Beck muss das deutsche Libanon-Mandat robust sein. Verdächtige Schiffe müssten im Notfall aufgebracht werden können. "Und wer sich dem widersetzt, muss eben auch wissen, dass das nicht folgenlos bleibt", betonte er im ZDF. Die deutschen Kräfte dürften nicht als "zahnlose Tiger" in der Krisenregion auftreten. FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Koalition indes schwere Fehler vor. "Das ist ein einziges Debakel, was die Bundesregierung bei der Frage des Nahost-Einsatzes bisher hat stattfinden lassen", sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk.

Französische Legionäre im Libanon

EU-Länder wollen knapp 7000 der insgesamt 15000 Soldaten umfassenden Friedenstruppe stellen. Am Wochenende trafen 200 französische Fremdenlegionäre im Libanon ein. Die Pioniere sollen beim Wiederaufbau von zerstörten Brücken helfen.

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sprach am Sonntag in Beirut mit der libanesischen Regierung über die humaniäre Lage. Nach einem Treffen mit Ministerpräsident Fuad Siniora sagte sie, Deutschland wolle zum Frieden in der Region und zum demokratischen Wiederaufbau des Libanon beitragen. Die Ministerin war mit einem Bundeswehr-Transportflugzeug mitgeflogen, das sechs Tonnen Babynahrung und Medikamente in den Libanon brachte. Am Donnerstag nimmt sie an der UN-Konferenz in Stockholm über humanitäre Hilfe und Wiederaufbau für den Libanon teil.

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