Rassismus wird in den USA immer noch und immer wieder als eines der großen gesellschaftlichen Probleme diskutiert. Doch während es nach dem Tod von George Floyd im vergangenen Jahr stark um die Diskriminierung Schwarzer Menschen ging, gerieten andere Minderheiten in den Hintergrund. Das ändert sich nun: Auch antiasiatischer Rassismus rückt ins Blickfeld. Trauriger Anlass sind die vermehrten gewaltsamen Übergriffe gegen asiatische Amerikaner in den vergangenen Wochen – insbesondere das Attentat in Atlanta, bei dem ein Mann in einem asiatischen Massage-Salon acht Menschen erschoss, darunter sechs Frauen mit asiatischem Hintergrund.
Dabei leben viele Menschen asiatischer Abstammung schon lange in den Vereinigten Staaten und fühlen sich dem Land sehr verbunden. Ein eindrückliches Zeichen gegen die Anfeindungen hat Lee Wong, Lokalpolitiker im Bundesstaat Ohio, gesetzt. Wong war im Alter von 18 Jahren aus Borneo in die USA eingewandert. Später diente er 20 Jahre lang in der US-Armee und kämpfte für sein Land. Dass ihn einige Menschen trotzdem nicht als Amerikaner ansehen wollen, kann er nicht akzeptieren – und griff deshalb in einer Sitzung zu einer ungewöhnlichen Methode, seinen Patriotismus zu beweisen: Der 69-Jährige hob sein Hemd hoch und zeigte die Narben aus seiner Zeit als Soldat (im Video ab Minute 25.30).
Seit 51 Jahren in den USA – und doch nie wirklich akzeptiert
"Ist das patriotisch genug?", rief der sichtlich aufgebrachte Republikaner. "Die Menschen stellen meinen Patriotismus in Frage, sie sagen, dass ich nicht amerikanisch genug aussehe." Seit er in den USA lebt, muss er sich mit Diskriminierung und Rassismus auseinandersetzen. In den 51 Jahren war für ihn vor allem ein Erlebnis prägend: Als junger Mann wurde er in Chicago aufgrund seines Aussehens verprügelt. Er brachte die Täter vor Gericht, sie wurden jedoch nie verurteilt.

In den vergangenen Jahren sei die Lage "schlimmer und schlimmer" geworden. Dazu hat auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump beigetragen, der das Coronavirus hartnäckig als "Chinavirus" bezeichnete. Damit machte er eine gesellschaftliche Grundstimmung salonfähig, die schon lange unter der Oberfläche schwelte. Lee Wong will das aber nicht länger akzeptieren: "Ich habe mich zu lange still mit diesem Mist auseinandergesetzt", sagte er in der denkwürdigen Sitzung. Er habe Angst gehabt, sich öffentlich dazu zu äußern, da er weitere Diskriminierung gefürchtet hätte.
Spontaner Auftritt bekommt große Aufmerksamkeit
Auch sein Auftritt, der über die sozialen Medien mittlerweile in den gesamten Vereinigten Staaten Beachtung gefunden hat, sei nicht geplant gewesen. "Ich weiß auch nicht, was in dem Moment über mich gekommen ist. Ich wusste nur, dass ich etwas sagen musste", erklärte er dem "Cincinnati Enquirer". Im Nachhinein ist er froh, seinem Ärger Luft gemacht zu haben – auch als Vertreter vieler anderer Amerikaner asiatischer Abstammung, die ihm jetzt für sein Engagement danken: "Das Timing war richtig in Anbetracht dessen, was gerade in diesem Land passiert."
Quellen: West Chester Township auf Vimeo / "Cincinnati Enquirer"