Seit dem Angriff der Hamas auf Israel ringen viele Unternehmen damit, Haltung zu zeigen. Eine Positionierung im Nahost-Konflikt wirkt wie ein Spießrutenlauf. Zu schnell macht man sich angreifbar, zu schnell zieht man den Hass auf sich – egal ob man auf der einen oder der anderen Seite steht. Noch komplizierter ist es für Konzerne, die international tätig sind und nicht zentral gesteuert werden. Das spürt derzeit auch der Fast Food-Riese McDonald's.
Man könnte meinen, das Unternehmen positionierte sich schon früh. So steht doch kaum ein anderes Unternehmen weltweit so sehr für die Werte der USA und des Westens. Hierzu passte auch, dass die Fast Food-Kette in Israel gleich nach Beginn des Angriffs der Hamas verkündete, kostenlose Mahlzeiten für israelische Soldaten, Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen stellen zu wollen. Bis heute können etwa Krankenschwestern, Sicherheitsleute oder Ärzte bei McDonald's in Israel kostenlos essen oder sie erhalten starke Rabatte.
Sehr zum Unmut mancher Palästina-Unterstützer. In den vergangenen Wochen riefen etwa wichtige ägyptische Influencer zum Boykott der Fast Food-Kette auf.
Gleichzeitig aber fließen Millionen-Hilfen von McDonald's-Vertretungen nach Gaza zur Unterstützung der Palästinenser, wie passt das zusammen?
Kostenloses Essen für Israel, Millionenhilfen für Gaza: McDonald's und die Suche nach der Positionierung
Der Grund für das vermeintlich doppelte Spiel ist die Struktur von McDonald's. Denn das eine Unternehmen McDonald's gibt es gar nicht. Durch ein Franchise-System findet man zwar in fast allen Ländern der Erde das "goldene M", die Restaurants werden allerdings von örtlichen Gastronomen betrieben und arbeiten autonom unter der Leitung einer nationalen Dachorganisation. Somit unterstehen sie auch nur sehr bedingt der eigentlichen US-Kette.
Die israelische Vertretung von McDonald's etwa wird vom israelischen Geschäftsmann Omri Padan besorgt. Er ist Präsident der Alonyal Limited, einer Unternehmensgruppe, die zuständig für alle Filialen in Israel ist. Es war auch Padan, der früh entschied, die iraelischen Sicherheitskräfte mit kostenlosem Essen zu versorgen.
Im Mittleren Osten sieht die Welt anders aus. Auch in Ländern wie Ägypten, dem Libanon oder Tunesien sind die nationalen Filialen in einer Dachorganisation gebündelt, die wiederum unabhängig von der Zentrale in den USA arbeitet – und somit auch eigene Positionen beziehen (können).
McDonald's-Franchises im Mittleren Osten distanzieren sich von Israel
So distanzierten sich einige McDonald's-Ländervertretungen im Mittleren Osten von der Aktion der israelischen Kollegen. "Was der Lizenznehmer in Israel getan hat, war ein individueller und privater Akt und nicht mit der Zustimmung oder auf Anweisung des internationalen Unternehmens oder eines anderen Lizenznehmers, insbesondere in unserer arabischen Welt", erklärte die Al Maousherji Catering Company, die für die McDonald's-Filialen in Kuwait zuständig ist, in einem Statement. Ähnlich äußerte sich auch die Dachorganisation in Pakistan.
Wer verfolgt im Nahen Osten eigentlich welches Ziel?

gelb – Länder mit normalisierten Beziehungen zu Israel (Unterzeichner des sogenannten Abraham-Abkommens)
gelb-grau schraffiert – bisher auf Annäherungskurs zu Israel
ocker – Länder mit lange bestehenden Friedensverträgen mit Israel
grün-grau schraffiert – unter starkem Einfluss proiranischer Kräfte
Medienberichten zufolge sollen die Ländervertretungen des Oman, der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabiens, Ägyptens, Jordaniens und Bahrains Geld nach Gaza geschickt haben. Die Vertretung des Oman erklärte in einem Statement auf X (früher Twitter), dass man "unseren Brüdern und Schwestern in Gaza" helfen werde.
Doch die Unabhängigkeit der nationalen Vertretungen und ihre Positionierung scheinen nicht bei allen Kritikern anzukommen. In der vergangenen Woche berichtete etwa das Libanesische Nachrichtenportal "961", dass pro-palästinensische Gruppen in der Stadt Sidon eine örtliche Filiale angegriffen hätten. Große Schäden oder Verletzungen seien aber nicht entstanden, erklärte McDonald's Lebanon.
Palästina-Unterstützer positionieren sich gegen Boykott
Auch die Frage eines Boykotts entzweit die Unterstützer Palästinas. So rief der ägyptische Talk Show-Moderator Amr Adib in seiner Sendung dazu auf, die Kette im Land nicht aus politischen Gründen zu meiden, da sie dem ägyptischen Milliardär Yaseen Mansour gehöre und zahllosen Ägyptern einen Arbeitsplatz biete: "Welchen Sinn hat die Schließung von McDonald's? Welchen Sinn hat es, diesem Mann zu schaden und den Lebensunterhalt der Menschen zu gefährden?" Laut eigenen Angaben bietet der ägyptische Franchise-Nehmer mehr 40.000 Ägypterinnen und Ägyptern direkt oder indirekt eine Arbeitsstelle.
Die McDonald's-Zentrale in den USA vermeidet jegliche Positionierung. Auf Anfrage der "Washington Post" erklärte die McDonald's Corporation am Samstag lediglich, dass "die Sicherheit der Mitarbeiter und Teams vor Ort oberste Priorität habe."
Quellen: Washington Post, 961, Business Insider, Heute.at