Der ehemalige US-Vizepräsident Mike Pence ist jetzt zu einer Aussage bei den Ermittlungen zur Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021 bereit. Der frühere Stellvertreter von Ex-Präsident Donald Trump verzichte auf Rechtsmittel gegen einen Richterbeschluss von Ende März, der ihn zu einer Aussage verpflichtet hatte, sagte Pence-Berater Devin O'Malley am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. "Vizepräsident Pence wird keine Berufung gegen die Entscheidung des Richters einlegen und wie vom Gesetz verlangt der Vorladung folgen", erklärte O'Malley.
Pence könnte Medienberichten zufolge noch in diesem Monat aussagen. Seine Vernehmung wäre ein wichtiger Erfolg für den vom US-Justizministerium eingesetzten Sonderermittler Jack Smith, der Pence zu seinen Gesprächen mit Trump rund um den 6. Januar befragen will.
Mike Pence muss zu Gesprächen vor Kapitolsturm aussagen
Bundesrichter James Boasberg in der Hauptstadt Washington hatte vergangene Woche entschieden, dass Pence über seine Gespräche mit Trump in den Tagen vor dem Angriff auf den Kongress aussagen muss. Pence hatte in seinen Memoiren geschrieben, Trump und dessen Anwalt hätten ihn in den Tagen davor überzeugen wollen, bei der Sitzung die Bestätigung von Bidens Wahlsieg abzulehnen. Pence sprach sich demnach dagegen aus. Gemäß der Entscheidung des Richters könnte der Vizepräsident zumindest zu diesen Unterhaltungen befragt werden. Der konservative Politiker könne aber Aussagen zu den Ereignissen vom 6. Januar selbst verweigern.
Pence leitete an diesem Tag in seiner Rolle als Senatspräsident eine Kongresssitzung zur Bestätigung des Wahlsieges des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020. Er nimmt deswegen parlamentarische Immunität für sich in Anspruch. Trump wiederum will eine Aussage seines früheren Stellvertreters unter Berufung auf sein sogenanntes Exekutivprivileg verhindern, das es ihm erlaube, gewisse Gespräche geheim zu halten. Der Ex-Präsident könnte noch Rechtsmittel gegen die Entscheidung von Richter Boasberg einlegen, die Erfolgsaussichten gelten aber als gering.
Radikale Trump-Anhänger hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol erstürmt, um eine Zertifizierung von Bidens Wahlsieg zu verhindern. Trump hatte Pence wiederholt dazu aufgerufen, die Bestätigung des Wahlausgangs durch das Parlament zu stoppen. Pence lehnte dies aber ab und erklärte, er habe dazu gar nicht die Befugnis.
Der Sturm auf das Kapitol: Diese Bilder erschütterten die Welt

Der Angriff auf das Kapitol, in dessen Folge fünf Menschen starben, hatte die USA erschüttert und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Trump hatte über Wochen die Falschbehauptung verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Kurz vor der Kapitol-Erstürmung rief der Rechtspopulist seine Anhänger in einer Rede auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.
Sonderermittler Smith prüft nicht nur eine mögliche strafrechtliche Verantwortung Trumps mit Blick auf den Angriff auf das Parlament. Er befasst sich auch mit zahlreichen Geheimdokumenten, die Trump zum Ende seiner Amtszeit aus dem Weißen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida mitgenommen hatte.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Erst am vergangenen Donnerstag war Trump von der New Yorker Justiz wegen Zahlungen an eine Pornodarstellerin vor der Präsidentschaftswahl 2016 angeklagt worden. Der Ex-Präsident plädierte am Dienstag bei einem historischen Gerichtstermin in allen 34 Anklagepunkten auf nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan legt dem 76-jährigen Republikaner, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, eine Fälschung von Geschäftsdokumenten zur Last.
Pence hat die Anklage gegen seinen früheren Chef öffentlich verurteilt. Er gilt aber als potenzieller Rivale Trumps im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der konservativen Republikaner.