Mutmaßlicher Kriegsverbrecher Kostunica-Regierung soll Ratko Mladic gedeckt haben

In Belgrad haben die Unterstützer von Ratko Mladic bei einer Demo randaliert, es gab sieben Schwerverletzte. Medienberichten zufolge, soll die alte serbische Regierung den wegen Kriegsverbrechen Angeklagten jahrelang geschützt haben.

Eine Demonstration von Unterstützern des mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic in Belgrad endete in Chaos und Gewalt. Rechtsextremisten lieferten sich im Zentrum der serbischen Hauptstadt Straßenschlachten mit der Polizei. Die extrem nationalistische oppositionelle Radikale Partei (SRS) brach die Demonstration gegen die drohende Auslieferung Mladics daraufhin ab. Dabei seien sieben Menschen schwer verletzt worden, darunter zwei Polizisten, teilte das Notfallkrankenhaus der Stadt mit. Die Polizei sprach von zwölf Verletzten. 70 Menschen seien verhaftet worden. Den Angaben zufolge haben Demonstranten mit Steinen nach der Polizei geworfen. "Wir sind hier um diesen Verrätern zu zeigen, wie echte Serben einen serbischen Helden verteidigen", sagte ein Teilnehmer. Auf Plakaten war zu lesen: "Heuchler und Verräter haben unseren Helden festgenommen."

Im Auslieferungsverfahren gegen Mladic endet am Montag die Einspruchsfrist für die Verteidigung des Ex-Serben-Generals. Ein Belgrader Gericht hatte bereits am Freitag prinzipiell grünes Licht für die Überstellung des 69-Jährigen an das Haager UN-Kriegsverbrechertribunal gegeben. Die Verteidigung hat angekündigt, ihren Einspruch fristgerecht auf den Postweg bringen zu wollen. Die Richter müssen dann binnen drei Tagen entscheiden.

Beim UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien rechnet man am Montag nicht mehr mit der Ankunft des mutmaßlichen Kriegsverbrechers in Den Haag. "Ich bezweifle, dass wir Mladic heute sehen", sagte die Sprecherin des Tribunals, Nerma Jelacic. Der Gerichtshof warte weiterhin auf eine Mitteilung aus Serbien.

Ex-General soll schnellstmöglich ausgeliefert werden

Die serbischen Behörden scheinen entschlossen, Mladic, der für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht wird, fast 16 Jahre nach Ende des Bosnien-Krieges dem UN-Tribunal zu überstellen. "Spätestens in sieben Tagen" werde der Ex-General ausgeliefert, hatte die serbische Staatsanwaltschaft bereits am Freitag mitgeteilt. Der UN-Sicherheitsrat in New York begrüßte die Bemühungen der serbischen Behörden.

In Den Haag trifft Mladic auf ein Richterteam unter deutscher Führung. Der frühere Berliner Justizstaatssekretär Christoph Flügge wurde vom Präsidenten des UN-Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY), Mehmet Güney, am Freitag zum Vorsitzenden Richter bestellt. Der 63-Jährige wird in dem Prozess von einem niederländischen und einem südafrikanischen Richterkollegen unterstützt.

Wegen Völkermord und Kriegsverbrechen angeklagt

Der bereits 1995 wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Mladic war in dem etwa eine Autostunde von Belgrad entfernten Dorf Lazarevo bei Zrenjanin verhaftet worden. Dem früheren Militärchef der bosnischen Serben wird tausendfacher Mord vorgeworfen. Neben dem Massaker von Srebrenica, bei dem im Sommer 1995 in der UN-Schutzzone rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet wurden, wird der 69-Jährige auch für die jahrelange Belagerung und den Beschuss von Sarajevo verantwortlich gemacht.

Nach einem Zeitungsbericht versteckte sich Mladic im Oktober 2006 nach einem Herzinfarkt zwischenzeitlich auch in einem Kloster. Die Schwestern des Klosters der Heiligen Melanie bei der nordserbischen Stadt Zrenjanin hätten den mit dem Tod ringenden Ex-General abgeschirmt und mit ärztlicher Hilfe versorgt, berichtete die gewöhnlich gut informierte Zeitung "Blic" in Belgrad. Da man mit seinem Tod gerechnet habe, sei die Kirchenkrypta bereits als Grab hergerichtet worden.

Kostunica habe jahrelang die Ergreifung Mladics verhindert

Nach Berichten der kroatischen Zeitung "Jutarnji list" hat der frühere serbische Regierungschef Vojislav Kostunica jahrelang die Ergreifung Mladics verhindert. Seit 2006 habe die Regierung genau gewusst, wo sich Mladic versteckt hielt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Depeschen der US-Botschaft in Belgrad, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden. Erst nach dem Ende der Kostunica-Regierung habe die neue Regierung unter Führung der DS-Partei des noch amtierenden Präsidenten Boris Tadic seit 2009 ernsthaft mit der Suche nach Mladic begonnen.

DPA · Reuters
be/nik/Reuters/DPA/AFP