Vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ist der mit Spannung erwartete Prozess gegen den serbischen General Ratko Mladic eröffnet worden. Mladic habe "die ethnische Säuberung in Bosnien" selbst in die Hand genommen, sagte Ankläger Dermot Groome zum Prozessauftakt. Dem 70-Jährigen werden Völkermord sowie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Krieges (1992-95) zur Last gelegt. Der Ex-General wird vor allem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht, bei dem 1995 rund 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet wurden.
Mladic verfolgte am Mittwoch die Verlesung der Anklage regungslos. In dunklem Anzug, hellem Hemd mit dunkler gemusterter Krawatte machte sich der 70-Jährige immer wieder Notizen, als der Ankläger Dermot Groome den Beginn der Kriegsverbrechen des früheren Militärchefs der bosnischen Serben im Bürgerkrieg schilderte.
Der bei seiner Verhaftung vor einem Jahr schwer kranke Angeklagte wirkte körperlich gesund und ausgeruht. Von Zeit zu Zeit verzog er abschätzig den Mund und spielte mit seiner Lesebrille, die er pausenlos auf- und absetzte. Bei Anhörungen vor dem Prozess hatte er sich nicht ausführlich zur Anklage geäußert, diese aber als "monströs und ekelhaft" bezeichnet. Mladic selbst weist jede Schuld von sich und behauptet, er habe für die gerechte nationale Sache seines Volkes gekämpft.
Zentraler Entscheider im Bosnien-Krieg
Um das Riesenverfahren zu beschleunigen, hat sich die Anklage auf besonders schwere Kriegsverbrechen konzentriert. Darunter sind die jahrelange Belagerung von Sarajevo mit mehr als 11.500 Toten und die Ermordung von bis zu 8000 muslimischen Jungen und Männern im ostbosnischen Srebrenica. Unter "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" fallen danach "Verfolgungen auf politischer rassischer und religiöser Basis, Ausrottungen, Morde und Verschleppungen".
Der vor fast genau einem Jahr nach über zehn Jahren Flucht in Serbien verhaftete Mladic galt als eine der drei zentralen Figuren auf serbischer Seite in den Kriegen in Bosnien und im benachbarten Kroatien. Sein politischer Vorgesetzter, Radovan Karadzic, muss sich bereits seit vier Jahren vor dem UN-Tribunal verantworten. Ohne Urteil endete 2006 der Prozess gegen den serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Er starb 2006 in der Tribunalszelle an einem Herzinfarkt.