Die internationale Geberkonferenz für Myanmar wird am Sonntag in der vom Wirbelsturm "Nargis" schwer beschädigten Hafenmetropole Rangun abgehalten. Das gaben UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die südostasiatische Staatengemeinschaft (Asean) in New York bekannt. Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen seien eingeladen, an der Konferenz auf Ministerebene teilzunehmen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Die Konferenz werde sich auf die Bedürfnisse der Menschen konzentrieren, die von dem Zyklon betroffen sind und um finanzielle Unterstützung für internationale Hilfsmaßnahmen bitten. Dabei gehe es sowohl um die aktuell notwendigsten Hilfsgüter als auch um den langfristigen Wiederaufbau der zerstörten Dörfer. "Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, ihre Solidarität und Sympathie für die Menschen in Myanmar durch konkrete Maßnahmen zu zeigen, damit sie nach der Tragödie ihr Leben wieder aufbauen können", so die Erklärung.
Die Verhandlungen über Hilfe für die mehr als zwei Millionen Überlebenden des verheerenden Zyklons laufen weiter. Nach Angaben Singapurs lässt die Junta weitere Helfer aus Südostasien ins Land und ist bereit, für Sonntag eine Geberkonferenz in Rangun zu organisieren. Einer umfassenden Hilfe aus dem Ausland verweigern sich die Militärs aber weiter.
Als Erfolg wertete Singapurs Außenminister George Yeo die Beratungen der zehn Asean-Staaten über Hilfen für die Katastrophenopfer. Künftig dürften die Asean-Staaten die ausländische Hilfe koordinieren, sagte Yeo während des Treffens in Singapur, an dem auch Myanmars Außenminister Nyan Win teilnahm.
Frage nicht politisieren
Das Zugeständnis bleibt aber weitgehend auf medizinisches Personal aus den Asean-Staaten beschränkt. Der Staatenbund werde insgesamt etwa 300 Helfer entsenden, die sich frei bewegen dürften, erklärte Yeo nach der Krisensitzung.
Internationale Experten dürften weiterhin nur von Fall zu Fall einreisen, sagte Yeo weiter. "Wir müssen uns an dem speziellen Bedarf ausrichten - es wird keinen unkontrollierten Zugang geben." Die Gemeinschaft forderte ihr Mitglied Myanmar zwar auf, mehr Helfer ins Katastrophengebiet im Irrawaddy-Delta zu lassen. Zugleich mahnte sie aber, die Frage dürfe nicht politisiert werden.
Dafür hat die Militärregierung eine dreitägige Staatstrauer für die Opfer angekündigt. Diese werde am Dienstag beginnen, wie im staatlichen Fernsehen bekanntgegeben wurde. Im ganzen Land würden die Flaggen dann auf Halbmast gesetzt. Eine ähnliche Staatstrauer begann in China am Montag für die Erdbebenopfer in der Provinz Sichuan.
Schiffe kreuzen vor der Küste
Alles andere blieb vage. "Die Außenminister haben sich darauf geeinigt, einen Koordinierungsmechanismus einzurichten", teilte Yeo mit. Myanmar richte eine Koordinierungseinrichtung ein, Asean eine Arbeitsgruppe.
Wann die Bürokratie steht, um die dringend benötigte Hilfe zu den mehr als zwei Millionen Bedürftigen durchzulassen, blieb unklar. Vor der Küste Myanmars kreuzen amerikanische, französische und britische Schiffe mit tausenden Tonnen Hilfsgütern und Ärzteteams. Sie könnten die Hilfebedürftigen innerhalb einer halben Stunde mit dem Hubschrauber erreichen. Ob und wann die Junta ihre Hilfe akzeptiert, ist nach wie vor unklar. Birma geht offiziell von mehr als 130.000 Toten und Vermissten aus und Schäden von weit über 6,4 Milliarden Euro.
Noch keine Termine für Ban Ki Moon
Das Katastrophengebiet von der Größe Österreichs ist nach wie vor für ausländische Helfer gesperrt. Hunderttausende Menschen leben dort nach Angaben von Hilfsorganisationen noch unter freiem Himmel und ohne ausreichend Nahrung und medizinische Versorgung. Zehntausende Kinder, die schon vor dem Sturm unterernährt waren, drohen zu verhungern. Die Regierung hat in einigen Regionen Zelte aufgebaut und verteilt Reis.
Der bislang ranghöchste UN-Diplomat in Rangun, Nothilfekoordinator John Holmes, durfte das Katastrophengebiet mit dem Hubschrauber überfliegen. Nach Angaben der Vereinten Nationen in Bangkok wartete er in Rangun anschließend auf Termine bei Regierungsmitgliedern. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der am Mittwoch nach Myanmar reisen wird, hat nach Angaben der Vereinten Nationen noch keine Zusage für ein Gespräch mit Juntachef Than Shwe. "Wir wissen (noch) nicht, wen er treffen wird", sagte Amanda Pitt, Sprecherin des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten. Zwei Briefe von Ban und Anrufe hat Than Shwe nicht beantwortet.
Das Rote Kreuz kündigte eine massive Ausweitung seiner Hilfsflüge nach Birma an. Mit seinen mehr als 10.000 freiwilligen Mitarbeitern in Myanmar ist es eine der wenigen Hilfsorganisationen, die Güter selbst ungehindert im Katastrophengebiet verteilen kann. Die Föderation der Rotkreuzgesellschaften charterte fünf Maschinen, die diese Woche jeweils 40 Tonnen Hilfsgüter nach Rangun fliegen sollen, sagte Logistikchef Igor Dmitryuk in Kuala Lumpur.
Der französische Außenminister Bernard Kouchner kritisierte die für diesen Sonntag geplante Geberkonferenz scharf, sagte aber die Beteiligung Frankreichs zu. "Notwendig ist Hilfe von Hand zu Hand und von Herz zu Herz, keine Geberkonferenz mit katzbuckelnden Spendern", sagte Kouchner, der Gründer der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen", dem Radiosender Europe1.
Kritik an Asean
Trotz der einberufenen Konferenz steht die Asean wegen ihres Verhaltens in der Kritik. Im Gegensatz zu den meisten westlichen Staaten hielten sich die südostasiatischen Staaten bisher mit Kritik an der Militärjunta zurück. Der Asean gehören neben Myanmar und Thailand auch Malaysia, Indonesien, die Philippinen, Singapur, Brunei, Laos, Vietnam und Kambodscha an. Nach den Statuten muss jede Entscheidung im Konsens getroffen werden.
Die einzige Möglichkeit zur Vermeidung einer humanitären Katastrophe im Irrawaddy-Delta sieht der kambodschanische Politiker Son Chhay in der Entsendung von Truppen der EU und der USA unter Führung der Vereinten Nationen, die Hilfsgüter ins Land zu bringen. "Asean, das aus autoritären, sozialistischen sowie aus schwachen demokratischen Regierungen besteht, wird es nicht wagen, eine Entscheidung zu treffen, die mehr ist als eine freundliche Bitte an die Junta", sagt Son Chha, Viezpräsident des "Asean Inter-Parliamentary Myanmar Caucus" (AIMPC), einem Zusammenschluss von Myanmar-kritischen Abgeordneten aus Asean-Staaten. Die AIMPC hat klare Vorstellungen davon, wie die Asean-Staaten mit Myanmar umgehen sollten. "Die Suspendierung der Mitgliedschaft Myamars wäre ein guter Anfang", sagt Chhay.
Sean Turnell, Wirtschaftswissenschaftler und Myanmarexperte von der australischen Macquarie-Universität, zeigt sich verhalten optimisch, dass die Initiative von Asean Erfolg bringt. "Die werden das Signal aussenden: Tut es mit uns, oder ihr werdet unschönere Aussichten haben." Der Experte rechnet im Fall des Scheiters des internationalen Durchs auf Myanmar aber nicht mit einer "humanitären Intervention" des Westens mit militärischen Mitteln. Er sagt: "Mich würde dann der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft nicht überraschen. Das ist zwar kein sehr effizientes Verfahren, hätte aber einen hohen symbolischen Wert."