Beim schwersten PKK-Angriff seit Jahren haben kurdische Kämpfer im Südosten der Türkei mindestens 24 Soldaten und Polizisten getötet. Das bestätigte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch. Die türkischen Streitkräfte reagierten nach Medienberichten mit Bombenangriffen auf vermutete PKK-Einrichtungen im Irak. Zudem wurden nach Medienberichten Bodentruppen in Marsch gesetzt. Im kurdischen Siedlungsgebiet in der Türkei war es zuletzt wiederholt zu kleineren Gefechten gekommen. Im Südosten der Türkei töteten Soldaten nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei Gefechten mit den Rebellen 15 PKK-Kämpfer.
Angehörige der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK hatten am frühen Mittwochmorgen mit automatischen Waffen eine Armeeunterkunft in der Stadt Cukurca angegriffen. Wachleute erwiderten das Feuer. Bei dem halbstündigen Gefecht wurden zudem 22 Soldaten verwundet. Anschließend flohen die Angreifer. Sie wurden von Sicherheitskräften verfolgt, meldete der türkische Nachrichtensender NTV. In ersten Berichten war zunächst von 26 Toten die Rede.
Präsident Gül schwört Vergeltung
Insgesamt griffen PKK-Kämpfer laut NTV acht Ziele in der Grenzprovinz Hakkari an. Es war der folgenschwerste PKK-Angriff seit März 1999. Die Region wurde in den vergangenen Monaten vermehrt zum Ziel von PKK-Angriffen. Am Dienstag starben fünf Polizisten bei einer Explosion in der Provinz Bitlis. Das türkische Parlament hatte Anfang Oktober das Mandat der Regierung zur Bekämpfung der PKK im Nordirak verlängert.
Die Armeeunterkunft Cukurca liegt nahe der irakischen Grenze. Es wurde daher vermutet, dass die Kämpfer aus dem Nordirak kamen. Die PKK unterhält dort mehrere Militärlager. Türkische Kampfflugzeuge hoben laut NTV ab, um PKK-Ziele im Nordirak zu bombardieren. PKK-Stellungen in den Kandil-Bergen und nahe der Stadt Zap seien unter den Zielen. Türkischen Medienberichten zufolge hätten zudem türkische Stoßtrupps von etwa 600 Soldaten die Grenze zum Irak überquert. Die Angaben wurden von der Armee zunächst nicht bestätigt.
Präsident Abdullah Gül schwor Vergeltung für den Angriff. Die Türkei werde vom Terrorismus nicht erschüttert werden, sagte er vor Reportern. Auch Erdogan sagte dem Terror den Kampf an: "Wir werden nicht zurückweichen. Wir werden den Terrorismus und jeden bekämpfen, der ihn unterstützt - verdeckt oder offen." Der Regierungschef sagte wegen der Angriffe eine geplante Reise nach Kasachstan ab.
"Die Angriffe brechen uns das Herz"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich in Berlin "bestürzt und erschüttert" über den Angriff der PKK. Zugleich appellierte er an die Türkei und den Irak, gemeinsam mit der kurdischen Regionalregierung nach Lösungen für den Kurdenkonflikt zu suchen. Terrorgruppen wie die PKK dürften in der türkisch-irakischen Grenzregion kein Rückzugsgebiet haben. Auch die kurdische Partei für Frieden und Demokratie BDP kritisierte den PKK-Angriff mit ungewohnter Schärfe. "Diese Angriffe brechen uns das Herz. Wir sagen: Stopp! Es hat schon genug Tote gegeben", hieß es in einer Aussendung.
Die PKK wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. Sie kämpft seit Anfang der 1980er Jahre für Unabhängigkeit oder größere Autonomie der Kurdengebiete in der Türkei. Kurdische Organisationen beklagen eine systematische Diskriminierung ihrer Volksgruppe durch den türkischen Staat. Etwa 45 000 Menschen haben in dem Konflikt ihr Leben verloren.